Geist und Ansehen

anthrowiki: ‘Geist (von indogermanisch gheis-, ‘erregt, aufgebracht sein, schaudern’, ist die Quelle aller schöpferischen Tätigkeit und seine Grundtätigkeit besteht darin, sich selbst beständig aus sich selbst heraus neu als Geist zu erschaffen, wie es symbolisch etwa durch das Bild des Vogels Phönix angedeutet wird. Von wirklichem, d.h. tatsächlich wirkendem Geist kann daher nur gesprochen werden, insofern er unmittelbar in der Realität (im weitesten Sinn) schaffend und gestaltend tätig ist. Was im angelsächsischen Sprachraum hingegen als ‘Mind’ bezeichnet und meist fälschlich dem Geist gleichgesetzt wird, ist nur dessen kraftloses, gehirngebundenes irreales mentales Spiegelbild. Das Gehirn selbst jedoch ist – wie der ganze menschliche Organismus – ein Produkt des Geistes.
Solange der Mensch in seinem Bewusstsein nur das passive mentale Spiegelbild des Geistes erlebt, bleibt er in seiner Subjektivität gefangen und sieht sich vor prinzipielle Erkenntnisgrenzen gestellt. Das An sich der Dinge – das Ding an sich, wie es Kant formulierte – bleibt ihm verschlossen. Durch das aktive, lebendige Denken vermag der Mensch aber, wie Rudolf Steiner bereits in seinen philosophischen Grundlagenwerken gezeigt hat, unmittelbar in die Wirklichkeit des Geistes einzutauchen und dadurch die Dinge so zu erkennen, wie sie ihrem eigenen, göttlichen Wesen nach sind.
‘Als Geist ist das gemeint, was in ihm offenbar wird, wenn er, nach Goethes Ausdruck, die Dinge als «gleichsam göttliches Wesen» ansieht.’ (Lit.:GA 9, S. 27)”

“Wie damals auf jenem Konzil in Konstantinopel (869 n. Chr.) der Geist abgeschafft worden ist, das heißt wie man dogmatisch bestimmt hat: Der Mensch besteht nur aus Leib und Seele, von einem Geist zu sprechen ist ketzerisch -, so wird man in einer andern Form anstreben, die Seele abzuschaffen, das Seelenleben.” (Rudolf Steiner)
Der Mensch ist so nicht mehr naturans, er wird ganz passiver Beobachter. Sein Sehen meint nicht ein Sichten und Ansehen geben, sondern nur ein reines Zuschauen, er gibt den Apriorien somit kein welthaftes Leben, er bringt sie nicht aktiv hervor. Da aber ohne Ansehen keinerlei Verwirklichung und Welt wäre, lebt er zwangsweise in anderer Verwirklichung (oder Wirklichkeit), nämlich in der Ansicht der aktiven Wenigen, oder in der Verwirklichung kollektiven passiven reduzierten Schauens. Die kollektive geminderte Sicht ist eine Begnügung, die fahle, nur dem Körper zugeneigte Welt gebiert. In dieser Anschauung residieren Theist und Materialist gleichermaßen – und beide verfügen über Eliten (in diesem Kontext über eine aktive, weltgebärende Minderheit), die das Ansehen für andere bereitsstellen, daher die Geistferne proklamierend das Ansehen, diese Ansicht des Einzelnen und des Alles (der Welt/Existenz) vermindern und zugleich ihre Position und den Irrtum stets zu affimieren gewillt sind.