Übereignung

“Übereigne dich Gott, so ist Gott dein Eigen, so wie er seiner selbst Eigen ist. Was mir eingeboren wird, das bleibt; Gott scheidet sich nimmer von dem Menschen, wohin sich der Mensch auch kehrt. Der Mensch kann sich von Gott kehren; wie fern der Mensch vom Gott auch geht, Gott steht und wartet seiner und tritt ihm in den Weg, eher er’s weiß. Willst du, daß Gott dein Eigen sei, so sollst du sein Eigen sein, so wie meine Zunge oder meine Hand, so daß ich mit ihm tun kann, was ich will. So wenig ich etwas tun kann ohne ihn, so wenig kann er etwas tun ohne mich. Willst du denn, daß Gott so dein Eigen sei, so mach dich ihm eigen und behalt in deiner Meinung nichts als ihn; so ist er ein Beginn und ein Ende alles deines Wirkens, so wie seine Gottheit ja darin liegt, daß er Gott ist. Der Mensch, der so in allen seinen Werken nichts meint noch liebt als Gott, dem gibt Gott seine Gottheit. Alles, was der Mensch wirkt, das wirkt Gott, denn meine Demut gibt Gott seine Gottheit.”

Was aber heißt nun Gott zu eigen machen? Hängt die Antwort dieser Frage nicht ganz vom Gottesbild ab? Den konkreten Forderungen etwa, die Gott in der Schrift stellt? Meister Eckhart gibt dies Gottesbild in jenem Satz ja bereits vor: “So wenig ich etwas tun kann ohne ihn, so wenig kann er etwas tun ohne mich.” Hiermit hat er freilich das Kirchendogma verlassen und proklamiert in bester Deutlichkeit seinen Einheitsgedanken, der die Gottheit eben (noch im Einzelnen) durch die Augen des seinen einen und einzigen Prinzips sehen will und dessen summierende Perzeption man sich indessen aus dem Singular heraus, das sich übersteigt, zu eigen zu machen hat.
Nun heißt dies Eigenmachen dementsprechend eine Entdinglichung. Das transzendente Prinzip kann nichts sein, was dem Menschen im Außen entgegentritt, sondern es ist das, was in ihm Innen vorhanden ist, was er selber ist, und dies soll seiner Anlage nach ganz Werden und Oberhand gewinnen, so daß nur Eins in dem Einen ist – dies sagt: Entbildlichung der Welt und dies beschreibt wenn man so will einen Solipsismus – allerdings als einer totalen Position oberhalb des Ego.

Und Hegel sagt in diesem Kontext etwas Lebenspraktisches: “Glücklich ist derjenige, welcher sein Dasein seinem besonderen Charakter, Wollen und Willkür angemessen hat und so in seinem Dasein sich selbst genießt.”
und: “Die Tätigkeit ist die Mitte des Schlusses, dessen eines Extrem das Allgemeine, die Idee ist, die im innren Schacht des Geistes ruht, das andre ist die Äußerlichkeit überhaupt, die gegenständliche Materie. Die Tätigkeit ist die Mitte, welche das Allgemeine und Innere übersetzt in die Objektivität.”