Vereinigung des Menschen

“Das Trennende ist das Vergängliche und Vergebliche, das Einigende ist das Bleibende und Wahrhaftige. So kann die Zukunft nur die sein, in der es eine in Gottes Gebot geeinte Menschheit gibt.”
 Leo Baeck, “Der ewige Friede” in “Die Lehren des Judentums”
Karl Jaspers äußert in seinem Dialog mit Heinz Zahrnt (“Philosophie und Offenbarungsglaube”) einen prinzipiell verwandten Kernsatz, wenn er sagt: “Wahr ist, was verbindet”. Aber dieser Satz fällt bei ihm in einem offenbarungskritischen Kontext.
Die jüdische Kabbala, die sich eben jener Offenbarungen bedient -diese  allerdings mit pythagoreischem und platonischen Gedankengut verquickt-  geht freilich einen großen Schritt weiter, indem sie die Vereinigung des Menschen zu einer substanziell anderen,  überirdischen Verbundenheit, nämlich zum “kosmischen Adam” propagiert. In eine ähnliche umfassende Richtung weist das folgende Fichte-Wort, zumindest schwingt hier eine Möglichkeit, wenn nicht eine klare Einladung zur metaphysischen Überhöhung mit: “Es ist die Bestimmung unseres Geschlechts, sich zu einem einzigen, in allen seinen Teilen durchgängig mit sich selbst bekannten und allenthalben auf die gleiche Weise ausgebildeten Körper zu vereinigen.”
 So ähnlich diese Kernaussagen klingen mögen, die Schwäche der offenbarungsinduzierten theistischen Setzungen liegt darin, daß   keine unoktroyierte, -sprich natürliche, sich selbst gemäße –  Entwicklungsoption zugelassen ist.  Die (globale) Entwicklung zum Geistigen ist zwar die Voraussetzung zur ontologischen Erhöhung und somit zur  Zusammenkunft in eschatologischer Tatsächlichkeit, diese aber kann sich nur  in einer evolutorischen natürlichen Bewegung der Rückexplikation vollziehen, diese Bewegung ist Resultat von Freiheit und Erkenntnis aus der Freiheit, nicht aber unter der Ägide eines von außen angetragenen  und unverinnerlichten  Agens zu erwirken.  Wir sprechen also von einer Bewegung aus der eigenen Geistigkeit heraus als Notwendigkeit  vor sich selbst.
Der neuere Verlauf der Geschichte zeigt dann gar eine Oktroyierung und Säkularisierung dieses eigentlich metaphysischen Ziels.  Es kommt zu gesellschaftspolitischen Proklamationen, die prinzipiell als religiöses Derivat  aufzufassen sind und mit den Namen Sozialismus oder Kommunismus versehen werden. Ein für diesen Übergang  prädestinierter Satz  spricht in wilhelminischer Zeit der Zionist Felix Theilhaber aus: “Jahrtausende predigten unsere (jüdischen) Weisen den Sozialismus.” 
Die Richtungsweisung hierzu  leuchtet nicht weniger schon im Idealismus Fichtes auf, der mit Blick auf die politischen Begebenheiten  -lange vor den Linkshegelianern- einen ursächlich überweltlichen Telos auf den Mangel der Tatsächlichkeit des Hier und Jetzt zu übersetzen gedenkt. Fichte: “Daß eine ganze Nation beschließen solle, des Raubes halber ein benachbartes Land mit Krieg zu überziehen, ist unmöglich, indem in einem Staate, in welchem alle gleich sind, der Raub nicht die Beute einger weniger werden, sondern unter alle sich gleich verteilen müsste .”
“Und so wird denn, nachdem nur einige wahrhaft freie Staaten entstanden, notwendig das Gebiet der Kultur und der Freiheit, und mit ihm des allgemeinen Friedens, allmählich den ganzen Erdball umschlingen.”