Wesen des Geistes

C.G. Jung: “Verstehen wir überhaupt je, was wir denken? Wir verstehen bloß jenes Denken, das nichts ist als eine Gleichung, aus der nie mehr herauskommt, als wir hineingesteckt haben. Das ist der Intellekt: Über ihn hinaus aber gibt es ein Denken in urtümlichen Bildern, in Symbolen, die älter sind als der historische Mensch, ihm seit Urzeiten angeboren und alle Generationen überdauernd, ewig lebendig die Untergründe unserer Seele erfüllend. Volles Leben ist nur in Übereistimmung mit ihnen möglich, Weisheit ist Rückkehr zu ihnen.”

Denken wir an den Archetypus, stellen wir uns oft einfachste (Ur-) Formen darunter vor. In ihrer Enthobenheit und Allgemeinheit verschaffen sie sich eidetische Geltung. Die Rückkehr und Erinnerung meint aber auch die Rückkehr zu einer höchsten Entwicklungsstufe, die auf der Zeitebene weit vor uns läge. Daher impliziert Verbindung mit dem Eidetischen auch den Blick in die Zukunft und die Komplexität des Kommenden und Möglichen. (Platons ‘Lernen ist Erinnern’ – Erinnern an den einstigen höchsten Zustand!) Letztlich firmiert dieser, oft spekulative Blick als Annahme, Ahnung und Hoffnung unter dem Begriff des Numinosen, des Spirituellen. Transzendente Ambition heißt Willen des Geistigen zur eigenen Durchdringung, die das Numinose als reellen Lebensbereich, der einst evident sein wird, voraussieht. Während der Archetypus selber schon angepasste Form durch den zeitgenössischen Beobachter nimmt, strebt jener also nach Aussicht und Entwicklung und offenbart so Einsicht in das Ingenium des allzeitlichen Nous selber.

Volkmann-Schluck über den Neuplatonismus:

a) “Die Hypostase (des Nous) entseht nicht durch Heraustreten, sondern in der Konstituierung der Usia durch die Rückwendung. Diese ist das Existentwerden des Geistes , die Ausbildung des Unterscheidens zum seienden Unterschied und zur Vielheit der Eide. So ist das Geschehen der Konstitution des Geistes die Genesis des intelligiblen Universums oder des platonischen Ideenkosmos.

Das Wesen des Seins ist unerschöpfliches Aus-sich-selbst-können, die Wirklichkeit des geistigen Kosmos ist die Verwirklichung des Geistes aus dieser Macht des Ursprungs.”

b) “Weil zu dem Seienden, wenn es seinem Seinsanspruch genügen soll, die Denkhaftigkeit gehörte: daß es sich im Nous in die Offenbarkeit bringt, weil es also nicht ohne Seele sein kann, deshalb muß die Bewegung als Grundcharakter des Seienden festgehalten werden.”

Dies Bewegende ist, was denkt. Unser Denken (mind) kann hierüber reflektieren aus der Vereinzelung. Das tiefe Denken hingegen ist feinstoffliches Sein, und Schöpfen – Angleichung an den Nous in seiner Erhabenheit und Ewigkeit wie seinem Drang zur Offenbarung seiner Selbst in aller geistig begonnenen Form.
Spinoza sagt: “Ferner ist die Begierde, insofern sie sich auf den Geist bezieht, das Wesen des Geistes selbst. Das Wesen des Geistes aber besteht in der Erkenntnis, welche die Erkenntnis Gottes in sich schließt und ohne die der Geist weder sein noch begriffen werden kann.”