Ideale Welten

Gregory Claeys (Professor für Geschichte des Politischen Denkens an der University of London) im Schlußsatz zu „Ideale Welten, Die Geschichte der Utopie“:
Jedoch besteht unsere Zukunft notwendigerweise aus zwei Teilen: die kurze Spanne der Existenz auf Erden und die weitaus längere Spanne der Ewigkeit. Wir möchten, daß jede von ihnen so zufriedenstellend ist wie nur möglich. Aber die zwei Pfade der Suche -der Suche nach einem verlorenen Paradies der Erlösung, Rettung und der Aussicht auf ein ewiges Leben einerseits und der Suche nach Utopia, einem guten Leben im Hier und Jetzt andererseits-sind nicht das Gleiche, trotz ihrer zahlreichen Überschneidungen. Die erste ist ursprünglich ein religiöser Diskurs, und ihre Bedürfnisse werden letztlich nur durch den Glauben befriedigt. Die zweite ist ein säkularer Diskurs über die gute Ordnung der Gesellschaft, in der sowohl Heilige als auch Sünder untergebracht werden müssen. Wir mögen goldgeplasterte Strassen in El Dorado gesucht haben, wie in John Bunyans Himmel, aber wir brauchen heute keine Religion, um das plausible Utopia oder jede andere Rekonstruktion von früheren Formen der spirituellen Identität zu zementieren. Unsere ideale Welt kann nicht das Neue Jerusalem oder das Sparta von Lykurg sein. Es kann nicht durch Träumereien von Karl Marx definiert werden, aber passt es zu den Träumen von Adam Smith? Die alten idealen Welten können uns Hoffnung, Inspiration und einen Sinn dafür geben, wonach wir streben und was wir vermeiden sollten. Aber unsere ideale Welt muss von uns selbst geschaffen werden und eine ernsthafte Abrechnung mit dem Schicksal sein, dem wir hilflos gegenüberstehen, wenn wir versäumen, es zu erschaffen.“
Mein Zusatz: Die utopistische Überführung beider Aspekte, die Versetzung der irdischen sowie der ewigen Existenz in Eines, somit eine Synchronisation des (vervollkommneten) Vorhandenen mit dem (besten)Unerkannten, die Umsetzung der „kurzen Spanne“ in die Ewigkeit ist die große, ja metaphysische Aufgabenstellung und Gesamt-Utopia und die Vollendung aller gnostischen Ansprüche.