Gegen die Positivisten

Wladimir Solowjew über die charakteristischen Züge des Positivismus aus Sicht von Comte:
“Da die Philosophie ihre Ideen nicht dem wirklichen Leben entgegensetzt, wie das die Metaphysik in ihren unbedingten Forderungen tut, welche die Wirklichkeit zersetzen und zerstören, sondern sich als ein organisches Produkt betrachtet, als eine natürliche Fortsetzung oder Ergänzung des wirklichen Ablaufs der Dinge; die Relativität, insofern alle Erscheinungen hier nicht in ihrem absoluten Wesen, das dem menschlichen Verstande unzugänglich ist, erkannt werden, sondern in ihrem wirklichen Verhältnis zu unserem Organismus und ihrer Wechselbeziehung zueinander; schließlich die Nützlichkeit…während die erdichteten Gegenstände und leeren Abstraktionen notwendig fruchtlos bleiben, erlaubt uns die positive Erkenntnis der Erscheinungen in ihrem tatsächlichen Zusammenhang, die Ereignisse vorauszusehen und bis zu einem gewissen Grad über die Kräfte der Natur zu verfügen.”
Der Lapsus aber des Positivisten: Die Reduktion des “tatsächlichen Zusammenhangs” auf die wissenschaftlich aktualen und ja nur vorläufig verifizierbaren Zustandsbeschreibungen. Hinter diesem Wissen aber residiert der viel größere Kontext eines weiteren, höheren, noch zu erwartenden Wissens – wenn man so will: der terra incognita der Wissenschaften. So kann das Metaphysische gerade auch das, was aktuell tethisch, spekulativ oder (noch) nicht evident ist, schlicht den unerforschten Bereich menschlicher Fragestellungen bezeichnen. Mit der Progression empirischen Erkennens aber gleichen sich die Proklamationen aus Positivismus und solcher Metaphyik an. Der vollendete Positivismus bezeichnet dann eigentlich nicht weniger als die Immanenz des (vormals) Metaphysischen.
Insofern ist folgendes Wort Fichtes kritisch zu betrachten, denn wohl rekurriert er zulässigerweise auf ein non-diskursives Organum im Menschen, und doch führt Wissen (so es nur seiner Definition nach erweitert betrachtet wird) zur Erschließung höherer Seinslagen. Oder mit Swedenborg gesagt: Einsicht und Weisheit (auf Wissen beruhend) sind die eigentliche geistige Nahrung. Und diese selbstredend gnostische Bemerkung zeigt das Kontinuum in der Kartographierung jener terra incognita – durch Synchronisierung eben von Wissenschaft, Weisheit und Geistigkeit.

Fichte also sagt zu einem ‘naiven Szientizismus’:
“Was durch das Wissen und aus dem Wissen entsteht, ist nur ein Wissen. Alles Wissen aber ist nur Abbildung, und es wird in ihm immer etwas gefordert, das dem Bilde entspreche. Diese Forderung kann durch kein Wissen befriedigt werden; und ein System des Wissens ist notwendig ein System bloßer Bilder, ohne alle Realität, Bedeutung und Zweck. Die Realität, die du schon erblickt zu haben glaubtest, eine unabhängig von dir vorhandene Sinneswelt, deren Sklave du zu werden fürchtestest, ist dir verschwunden; denn diese ganze Sinneswelt entsteht nur durch das Wissen und ist selbst unser Wissen; aber Wissen ist nicht Realität, eben darum, weil es Wissen ist. Du hast die Täuschung eingesehen und kannst, ohne deine bessere Einsicht zu verleugnen, dich nie derselben wieder hingeben. Und dies ist denn das einzige Verdienst, das ich an dem Systeme, das wir soeben miteinander gefunden, rühme: Es zerstört und vernichtet den Irrtum. Wahrheit geben kann es nicht; denn es ist in sich selbst absolut leer.”