Plotin und Platonismus, Abgrenzung zum Christentum

Ergänzend zur (fundamentalen)  Abgrenzung des Neuplatonismus gegen das Christentum:
Plotin gilt als Begründer und wichtigster Vertreter des Neuplatonismus.
Plotin vertritt einen radikalen idealistischen Monismus.
Plotin versteht sich als Platoniker, als orthodoxer Interpret der Lehre Platons.
In der Betrachtung der dritten Hypostase muß daher auch über das metaphysische Dogma der Präexistenz der Seele sowie über die  Seelenwanderung (Reinkarnation) gesprochen werden.
Dies gilt es auch ungeteilt für den ausgehenden Neuplatonismus, Proklos (200 Jahre nach Plotin) zu bedenken. Proklos tritt ja gerade als Verteidiger der spätantiken Philosophie gegen das Christentum hervor.
Man hat auch die Theurgie dem christlichen Gebet an die Seite zu stellen versucht. Was die Theurgie (also die Erfragung von Hilfe an göttliche oder übersinnliche Geistwesen) betrifft: Keinesfalls handelt es sich hier um Gebet im christlichen Sinne. Es geht vielmehr um Anrufungsformeln zur konkreten Manifestation höherer   Entitäten des “demiurgischen Sektors”  … in dem auch nach Platon der Schöpfergott anzusiedeln wäre, sofern dieser überhaupt seine Existenz als  didaktische Hilfestellung zur Erklärung  des schöpfenden Prinzips (des Nous) übersteigen sollte,  während die eigentliche Gottheit selbst in der Qualität des ganz Anderen (dies ist  in der Ausformulierung  gerade neuplatonisch) transzendiert wird. Allein dies wohl  die zentralste Häresie für einen Christen.
Im Westen verdammt, findet der rituelle Aspekt der Theurgie  über Byzanz übrigens eine gewisse Fortführung und wird für den Westen nicht umsonst von der Theosophie aufgegriffen.

Und mehr Häretisches  (zu Plotins Weg) bei Störig: “Wir begegnen solcher (plotinischer) Mystik überall da, wo mit dem Gedanken der Wesenseinheit der Menschenseele mit dem Göttlichen ernst gemacht …”

Und führ den ausgehenden Neuplatonismus: ” Die athenische Schule des Neuplatonismus, von dem allmählich zur Herrschaft kommenden Christentum …aufs heftigste bekämpft, bildet zugleich den Schlußstein der alten heidnischen Philosophie…”

Die Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie (Metzler) zur gnostischen Grundhaltung des Neuplatonismus:
“Nach H. Jonas (1993) ist Plotin der Repräsentant der Transformation der ursprünglich mythologischen Gnosis in eine philosophisch-metaphysische Form.” (meine Anmerkung: In Anbetracht Plotins Haltung gegenüber der Gnosis, die vor allem in seiner Schrift “Gegen die Gnostiker” zum Ausdruck kommt, aber eine etwas ambivalente Feststellung.)
“Plotin hat über den Neuplatonismus die europäische Geistesgeschichte nachhaltig beeinflußt. Direkte Nachwirkungen finden sich bei zahlreichen Kirchenvätern(z.B. Augustinus);indirekte z.B. bei G. Bruno, A.A.C. Shaftesbury und G. Berkeley; in Deutschland sind vor allem J.G.v. Herder; F.H. Jacobi; F. Hemsterhuis und D. Tiedemann, ferner J.W. v. Goehte, Novalis, F.W.J. Schelling und F. Creuzer zu nennen. G.W.F. Hegel sah in Plotin die Vollendung der griechischen Philosophie.”