August Gladisch: “Die Einheit des Sphairos ist kraft der hereintretenden Zwietracht oder des Neikos auseinandergegangen in die Vierheit der Elemente, aus denen dann Aphrodite oder die Liebe die ganze harmonische Weltbildung und durch mannigfaltige Mischung die einzelnen Geschöpfe in der früher angegebenen Weise hervorbringt. ”
“Eine gerundete Kugel, in Ruhe behaglich sich kreisend”, so bezeichnet Empedokles diese Einheit des Sphairos.
Gladisch: “So hat die ägyptische Grundansicht von der Schöpfung der Welt und allem Entstehen und Vergehen nicht bloß aus der ausdrücklichen Überlieferung des Althertums, sondern auch aus diesen und noch anderen heiligen Bildwerken des Volkes selbt sich als völlig dieselbige mit der Empedoklischen erwiesen.”
“Die Obelisken und Pyramiden als riesenkräftige Zeugen und Bestätiger der ganzen ägyptischen Grundansicht.” (Gladisch)
Gemeint ist hier die Vierheit als Vierseitigkeit der ägyptischen Pyramide. Der Hinweis auf sogenannte schwarze Pyramiden verdichtet diese Symbolik als ein Hervortreten aus dem Einen, Unbenannten, das als schwarze Spitze seine sichtbare Darstellung findet. Auch die griechische Erzählung vom Dionysos birgt diesen Topos -als ein Auseinandergerissen-Sein, einem Vereinzeltwerden in die Formen und Elemente. Die Störung dieses Ureinen meint jeher -und dies ist allen Kulturkreisen gemein – die Verstofflichung in der Körperwelt. Offenbar liegt hierfür eine (transzendente) Empirie zu Grunde, die ihren Ursprung in Kulthandlungen hat, die -relevant für die abendländische Tradition- schon Eingang in die Orphik fanden. W. Capelle sagt: “Ein kurzes Wort muß noch über den orphischen Seelenglauben gesagt werden. Dieser hat in besonderem Maße Pythagoras, Empedokles und Platon beeinflußt. Das Gefühl des feindlichen Gegensatzes von Seele und Leib hat dabei den Ursprung in den alten religiösen Ekstasen.” Capelle verortet die eigentlichen Ursprünge hierfür in Thrakien, dessen (hoch)kulturelle Entwicklung insgesamt noch früher rückdatierbar ist, als die frühdynastische Zeit Ägyptens.
Und nicht zuletzt die Theosophen wollten uns lehren: Die (der Orphik verwandten) Mysterien von Eleusis wären von Ägypten auf Griechenland gekommen. Eventuell, so könnte man spekulieren – und es ist etwas mehr als nur Spekulation – kam so also uraltes thrakisches (oder ureuropäisches) Wissen über den Weg über Ägypten zurück auf das europäische Festland, nach Griechenland.
Diese Ansicht bleibt offenbar nicht ganz ohne Evidenz, denn “…erstmals konnte ein internationales Wissenschaftlerteam Genmaterial von ägyptischen Mumien aus der Zeit um 1.400 v. Chr. bis 400 n. Chr. umfassend rekonstruieren und analysieren. Bei drei Individuen konnte das Team unter Führung von Professor Johannes Krause sowie weiteren Forscherinnen und Forschern der Universität Tübingen und des Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte in Jena sogar das Genom entschlüsseln. Die Analysen ergaben, dass die alten Ägypter nicht nur mit der damaligen Bevölkerung des östlichen Mittelmeerraums eng verwandt waren, sondern auch mit der neolithischen Bevölkerung Kleinasiens und Europas.”