Es ist ein Eines

Meister Eckhart sagt: “Solange in der Seele noch irgendwelche Unterschiedenheit irgendwelcher geschaffenen Dinge hineinzublicken vermag, gereicht ihr dies zum Kummer. Ich sage, wie ich’s schon öfter gesagt habe: Wo die Seele nur ihr natürliches geschaffenes Sein hat, da ist keine Wahrheit. Ich sage, daß es etwas gibt, was über der geschaffenen Natur der Seele ist. Manche Pfaffen aber verstehen das nicht, daß es etwas geben soll, was Gott so verwandt und so eins ist. Es hat mit nichts etwas gemein. Alles, was geschaffen oder erschaffbar ist, das ist nichts; jenem aber ist alle Geschaffenheit und alle Erschaffbarkeit fern und fremd. Es ist ein Eines in sich selber, das von außerhalb seiner selbst sich aufnimmt.

Dieses Aufnehmen geschieht dann zum Gesamt-Bewußtsein, wenn es im Einzelnen eben zu dieser genannten Besinnung kommt. Zuletzt ist dies der ganze Weltprozeß. Meister Eckhart spricht von Kummer. Warum aber soll das Eine, das sich ‘außerhalb’ sich selber stellt, sich selber ein Leid evozieren? Das Eine birgt eben nur im Fragment Kummer oder Leiden und muß schon daher dieses Fragment fliehen. Dabei ist es aber selbst über alles Leid erhaben, weil es das Fragment nicht kennt aus sich selbst – und das Fragment selbst durch und durch selbst ein Leiden ist ohne echtes Sein, nur befangen im Leid durch seinen leidensvollen Zustand des Nichtwissens (zum Einen). Das Wissen aber sagt: Es ist Nichts, somit auch kein Leid. Was nicht heißt, daß für uns kein Leid existiert. Ganz im Gegenteil – es meint ein Bild von hoher Wirkung – zur Einsicht über das defiziente, unwahre Weltwesen.
Schopenhauer etwa fügt hier noch den Begriff der Schuld hinzu. Er sagt, es gebe eine Schuld der Welt die abzutragen sei. (In einem weiteren Satz: Der Mann habe sie abzutragen durch Tätigsein, die Frau durch Erdulden.) Die Schuld aber ist die Fragmentierung in der Verstetigung durch eine höhere Lebensenergie, die sich ihrer Umfassung nicht bewußt ist und sich durchaus willentlich im Physischen verfängt und dies lebensweltlich perpetuiert. Die Sublimation oder Totalisierung dieser Energie zum Ganzen erst birgt die Möglichkeit zur Beendigung dieser ‘Abgefallenheit’ – die Sichtbarkeit der geminderten Form des Hier hingegen meint die Verstetigung ihrer Defizienz – sie kann den Kummer der Fragmentierung in Minderung nur überkommen, indem sie den Blick erhebt zum Ganzen und Ersten in ihrem tiefsten Eigen.