Schopenhauer, Indoktrination

Schopenhauer sagt: “Obschon dem Intellekt die Form seines Erkennens angeboren ist, so ist es doch nicht der Stoff oder die Materie derselben: dies aber war es, was die Lehre von den angeborenen Ideen, die Cartesius und Leibniz behaupteten und Locke bestritt, eigentlich besagte. Er ist also in Hinsicht auf diese doch eine tabula rasa, ein Blatt weißes Papier: auf dieses gedenkt die Natur erstlich Bilder zu zeichnen, dann Begriffe zu schreiben, und diese mit immer schärfern und stärkern Umrissen: Sie sollen der Leitstern seines Handelns sein. –
Nun aber kommt man (unredlicher und schändlicher Weise) im 6ten Jahre des Kindes, und zeichnet mit dicken und unauslöschlichen Zügen die Begriffe der positiven Religion auf jene tabula rasa und verdirbt der Natur für immer ihr schönes weißes Blatt: man richtet den jungen Intellekt ab, gegen seine Natur und Organisation, den monströsen Begriff einer individuellen und persönlichen Weltursache zu denken, ferner absoluten Weltanfang u.dgl. m. Dadurch verbaut man auf immer den freien Horizont seines Geistes, versperrt die ihm gegebene Aussicht in die Unendlichkeit der Wesenwelt, verdeckt das Feld der freien Forschung, und verkrüppelt seine Natur, damit sie zur Assimiliation des Falschen tauglich werde.”

Warum ist dieser Satz so aktuell? An die Stelle der Religion ist die sich als neue Scholastik gerierende, hochrepressive amerikanische Sozialwissenschaft
getreten. Ein Unterschied zu Schopenhauer besteht aber doch: Man beginnt heute mit der Indoktrination bereits vor dem 6.ten Lebensjahr, sprich im
Kindergarten.