Gnosis, ethische Selbstbildung

Aufgrund der theistischen Schroffheit der Trennung zwischen Erschaffer und Geschaffenem stellt sich die Kondition des Menschen als die eines Untertanen dar, dessen Wohl oder Wehe ganz und gar in der Hand seines Vormundes liegt. Dabei hat es die Theologie sicherlich viel gekostet, der Frage nach dem Gnadenanteil und dem Teil der Eigenverantwortlichkeit für den christlichen Erlösungsweg nachzukommen, und es ist ihr bis heute keine befriedigende Erklärung  gelungen. Vielmehr   hat sie sich ein Dilemma erschaffen, denn nimmt man von Gott zu viel  seiner tätigen Gnade,  legt  man zuviel Potenz   in die Hände des Untergebenen. Macht man aus der Erlösung aber alleine eine Frage der göttlichen Nachsicht, wird die Forderung nach dem Ethischen  hinfällig. Dieser Widerspruch muß gnostischen Systemen fremd bleiben, da sie schließlich keinen Gnadenweg kennen, sondern aufgrund der ontologischen Verbundenheit des Einzelnen mit dem höchsten Prinzip  den überspannenden Topos der Eigenverantwortlichkeit und der ethischen Selbstbildung als inhärenten Part eines transzendierenden Erkenntnisprozesseses  in den Mittelpunkt ihrer Lehren stellen (denn schließlich ist außerhalb dieser einen verbindenden Qualität niemand  da, der für das Seelenheil Zuständigkeit übernehmen könnte.) :
Für den Platonismus/Neuplatonismus:
“Nicht die schmerzvolle und anstrengende Selbstbildung anhand des Göttlichen (Gesetzes), sondern bloße Taufe und Nachfolge im Glauben wird von den Christen verlangt -Ausdruck einer “Demokratisierung der Erlösung, aber gleichzeitig Selbstverlust und Verlust der Anbindung an das Göttliche -“Gottlosigkeit” ist die Folge.”
(Detlev Weigt)
Für den indischen Raum:
“Erwachet recht! Warum erwacht ihr nicht? Ist man erst dahin, so ist das Erwachen wahrlich schwer. Die Tage kehren nicht wieder, nicht leicht erlangt man wieder ein Leben als Mensch.”

(Mahavira)
Für die christliche Gnosis:
“Wer die Auferstehung bereits zu Lebzeiten nicht erfährt, der hat nach seinem Tode nichts zu erwarten.”
(Jesuswort aus dem Apokryphon von Nag Hammadi )
Und also  treffend  Arthur Schopenhauer:
“Die katholische Religion ist eine Anweisung den Himmel zu erbetteln, welchen zu verdienen zu unbequem wäre. Die Pfaffen sind die Vermittler dieser Bettelei.”