Ist Neuplatonismus Pantheismus?

Klaus Kremer: “Da Plotin die Identität des Einen mit dem aus Ihm Hervorgehenden beharrlich ablehnt, kann von Emanationspantheismus keine Rede sein. Es ist, wie Dodds sehr schön formuliert hat, “the principle of undiminished giving…what saves Neoplatonism from turning into phanteism”. “So ist das, was vor dem Geist (Nus) liegt und ihn erzeugt hat, selber nicht Geist noch geistige Welt. Dieser Sachverhalt ist von Leibniz als malum metaphysikum herausgestellt worden. “
Aber W.E. Peuckert :  “Die absolute Transzendenz verwischt sich, sie führt zur Immanenz. Die Untergliederung der Stufen…führt… zu einem logischen Pantheismus, die Dinge der Welt sind somit Theophanien: Die Welt ist der in das Besondere entwickelte, aus sich heraus gestaltete Gott (deus explicitus). Gott und die Welt sind eins.”
Geht  man den Weg der Explikation wieder herauf, so wird der Begriff der Entweltlichung und Entdinglichung von zentraler Bedeutung. Unter Entdinglichung verstehe ich in der weiteren Betrachtung gleichzeitig  Ent-Geistigung , denn Geist ist übergeordnete DInglichkeit, (sprich feine Materie, die als Hervorbringung der Seele,- diese wiederum als niederster Aspekt des Geistes –  in der Selbstbetrachtung manifest dinglich, oder anders gesagt,  zum Wahrgenommenen wird. Jenseits dieses Bildlichen und Geistigen liegt durch eine Scheidung das Höchste, und hier liegt die Schwierigkeit für die Deutung- da diese nicht stoffliche und so nicht mehr seiende  Qualität (trotz Betonung der Differenz) doch die Anlage und vor allem den Willen  zur Stofflichkeit, also so auch zum Geist oder Bild (Bild =Geist=Stoff) in sich birgt. Und dieses In-Sich-Bergen als “agierter Impetus” ist als das Immanente in der Bildlichkeit (so in der gesamten natura naturata) zu erachten, daher kann dieser Verhalt in dem Satz  “Gott und die Welt sind eins” folgerichtig zum Ausdruck gebracht werden,  aber in diesem Sinne: Gott und die Welt sind da eins in ihrem Un-Eins-Sein. Und die Rückführung über den Geist ist nicht als Überwindung einer Geschiedenheit zu verstehen  -wie etwa geographisch oder zeitlich betrachtet  die Strahlung der Sonne als Explikation angesehen werden kann, die sich so im Raum fortsetzt und etwas von ihrer Kraft und ihrem  Potential dabei abgibt- sondern wie die Rückführung eines geänderten Blickwinkels des Einen, der ein Kippen des Gesamten, aber Unexplizierten  in die Existenz, die Bildlichkeit meint, wie eine Brechung, die  immer mit perzeptioneller Selbstvergewisserung einhergeht, da diese die Brechung beschreibt und in der Beschreibung kreiert.  Jene Brechungen aber bedeuten Aspekte durch immer neue “weitere” Brechungen -dies bezeichnet der Begriff der Emanation .  (Immanez kann allerdings auch durchaus ein Attribut der Sonnenstrahlung im geographischen Sinne bedeuten, da diese die Umgebung von ihrer Art abgebend durchpulst und erwärmt, auch dieses wäre eine pantheistische Implikation.) Das Malum liegt prinzipiell nicht in der Brechung selbst, sondern im Impuls des ja eigentlich ruhenden Einen, sich zur Brechung, zum Bildhaften zu bringen.  Dies  weist  die Paradoxität der  Doppelnatur des Einen aus, – gerade Schelling spekulierte wiederholt hierüber- daß sie als erste Verursachung unverursacht anstößt. Da Geist wie oben gesagt als (feinere) Form der Materie zu betrachten  ist, bietet zuletzt nur die Entsinnlichung, auch diese in den feinsten Perzeptionsstufen als Entgeistigung  die Möglichkeit, über die zweite Hypostase hinauszugelangen, die tatsächlich als Ur-Prinzip im Betrachter selbt residiert.
Daher ja sagt Plotin  in der Enneade “Die erkennenden Wesenheiten”: Vielleicht muß sich der Geist…quasi hinter sich zurückziehen und quasi auf sich selbst verzichten zugunsten desjenigen, was sich hinter ihm befindet… er darf dort, wenn er jenes sehen will, nicht ganz Geist sein.” Und vor allem : “Und das ist das wahrhafte Endziel für die Seele. Jenes Licht anzurühren und kraft dieses Lichtes zu erschauen, nicht in einem fremden Licht, sondern in eben dem, durch welches sie überhaupt sieht!”