Meister Eckhart nimmt den geschaffenen Dingen jede reale Substanz. Der Unterschied zwischen “nichtig” (bei Thomas von Aquin) und “nichts” (Eckhart), bezogen auf das Geschaffene, auf das Dasein, zeigt nicht weniger als eine fundamentale, ontologische Scheidung, die zumindest seit den Kirchenvätern auf die Anerkennung der Materie gerichtet war. “Nichtig” im Sprachgebrauch von Thomas von Aquin ist dann als Wertung des Materiellen, nicht aber als Aufhebung des Materiellen/Geschaffenen aufzufassen.
Für Aristoteles ist das Stoffliche die sich als bloße Möglichkeit verwirklichende Form. Wenn Thomas von Aquin davon spricht, daß das Geschaffene “fast nichts” sei, knüpft er wohl an diesen Gedanken an und entwickelt ihn im theistischen Sinne weiter. Vor dem Hintergrund der Eckhart-Diskussion ist auch hier wieder relevant: Thomas von Aquin -mit seinen Gottesbeweisen usw. -vertritt ein Gottesbild von einem handelnden Gott, der eben zur Verwirklichung der Möglichkeiten befähigt ist. Gleichzeitig wird zwar der Vorrang des Geistigen gegenüber dem Stofflichen betont. Bei Eckhart hingegen ist diese Möglichkeit einzig durch die sinnliche Wahrnehmung des Wahrnehmenden selbst konstituiert (wie auch im übrigens im Intellekt das Über-Materielle, ja Gott persönlich konstituiert wird.) Daher ist Wahrnehmung oder Interpretation des Einen über sich selbst als Zertstreutes, Individualisiertes lediglich Unkenntnis über das eigentliche Sein bzw. die eigene Potenz zum Sein (das Eins ist).”Der Fluss ist verflossen in sich selbst.” Erkennt aber die (präexistente) Seele, wo sie einst war und was sie eigentlich ist (Platon) , nimmt sie nicht mehr “stofflich”, in Individuation zersplittert wahr, sondern sie ist im ruhenden letzen Grund ihr selbst und allem Anderen Eins.