Klang, Magie, Theosophie, Schopenhauer

“Und alles auf der Erde oder anderswo, ob belebt oder, wie man sagt, unbelebt, ist, da es eine Anhäufung von Atomen ist, eine symphonische Melodie, eine Symphonie, ein vereinigter Klangkörper, der aus den Tönen aller singenden Wesenheiten gebildet wird. Und jedes Atom davon ist eine singende Wesenheit, so daß unser physischer Körper selbst ein verkörperter Gesang ist.” ( G. de Purucker,  “Die goldenen Regeln der Esoterik”)
 Terence Mc Kenna äußert in seinen Erfahrungen mit der psychotropen Substanz DMT, daß er eine Erweiterung des Weltbegriffes erfahren habe, daß er in eine -hyperreale- Welt geraten sei, in der er Entitäten begegnete, die ihn lehrten, daß sie sich selber wie auch andere Dinge in Existenz gesungen hätten. Es handelte sich hierbei um transparente,  ballförmige  Wesen, die -das sei hier erwähnt- in sehr  ähnlicher Weise auf dem Cover- Artwork des Albums “Strange Universe”  eines Musikers namens  Frank Marino abbgebildet sind, der ebenfalls Bezug auf ein psychedelisches Erlebnis nimmt, was hier als Hinweis auf  intersubjektive Aspekte solcher Erfahrungen deutet. McKenna wurde wiederholt von jenen ballförmigen, kristallinen Strukturen, die in seinen Körper hinein-und wieder hinaussprangen, aufgefordert, es ihnen schöpferisch nachzutun. Die -singende- Sprache, die sie hierzu verwendeten, kann als befremdliche Zungenrede (Glossolalie) beschrieben werden.  Prinzipiell handelt es sich hier -als Verbindung von Klang und sprachlicher  Bedeutung mit dem Ziel einer willentlichen Hervorbringung – um ein  Ur-Proklamt der Magie, daher auch die  bewußt laut und melodiehaft artikulierte Affirmation des Gedanklichen. (Nicht viel anders das Gebet.) Und man bedenke den Ursprung alles Schöpferischen: Am Anfang war das Wort!
 An diesem Punkt muß sich auch eine Erklärung finden lassen, warum das Seelische -nun von der empfangenden Seite aus betrachtet- so stark mit Klang  (oder Musik) resoniert, warum das Seelische selbst -wie schon Aristoteles fragte- mit der Form von Musik und Klang offenbar gar identisch sei .
Das Seelische ist Aspekt vom Geist und bildet das Körperhafte, Geist ist hingegen  eine höhere Fortsetzung des Materiellen, oder anders gesagt:  alltägliches und feinstoffliches Sein bilden ein Kontinuum. Physikalische Einwirkung bewirkt somit grundsätzlich auch feinstoffliche Bedeutung .  Umgekehrt ist Klang affimierte gedankliche Bewegung. Die Affirmation ist anders als das geschriebene und gelesene Wort oder das Bild in der Bildenden Kunst in anhaltender Bewegung (Bewegung ist grundlegendes Signum des Geistes) und bezeichnet die  Erregung eines physischen Feldes, das nicht eindeutig  abzustecken ist, sondern Fortsetzungen  im nicht-perzipierbaren Medium finden muß und dort gar die Schwelle des Diesseitigen (diese Schwelle ist aus Gründen des Kontinuums nicht klar definierbar) überschreiten  könnte.   Ist bei der magischen Praxis die (nonlokale) Erregung von Feldern zu diskutieren, die für den atomaren -oder allgemeiner: strukturellen-  Aufbau des “Diesseitigen” zuständig sind,  so ist bei der Klang – Aufnahme von einer  Resonanz (somit Kumulation) mit affimierten Geistaspekten, die auch in der Seele als Teilhaber am Geist ihre Repräsentanz finden, auszugehen.
 Schopenhauer verlagert-sich der neuplatonischen Hypostasenfolge bedienend-  gar die Herkunft des Klanges über den Geist -als Begriff der Ideen verstanden- hinaus, indem er sagt: “Die Musik ist also keineswegs … das Abbild der Ideen; sondern Abbild des Willens selbst,dessen Objektität auch die Ideen sind”
“Es ist „der selbe Wille …, der sich sowohl in den Ideen, als in der Musik, nur in jedem von beiden auf ganz verschiedene Weise objektivirt” Als solche Repräsentanz des Willens selbst ist die Musik das „Metaphysische” zu allem Physischen, d. h. das selbstverstandene Wesen der Sache, nicht bloß die von anderen verstandene Sache. Das Selbstverstehen der Sache – wie die Sache sich selbst versteht, erlebt, anfühlt – wird durch Musik in mir lebendig, nicht bloß mein Verstehen der Sache. Die Melodie erzählt die Geschichte des Willens jenes Wesens, das sie in Tönen repräsentiert: „sie erzählt seine geheimste Geschichte, malt jede Regung, jedes Streben, jede Bewegung des Willens”. So repräsentiert – macht in mir gegenwärtig – die Musik nicht bloß das Für uns der Welt, sondern „das innere Wesen, das Ansich der Welt”

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