Cusanus, Tantra, Plotin

“Das symbolische, transsumptive und experimentierende Erforschen der Wirklichkeit und ihres Grundes hält sich an das nicht ausgeführte Projekt einer symbolischen Theologie des Dionysius Areopagita, das sich als eine im Sinnenfälligen ansetzende, dieses aber auf das Intelligible zurückführende Handreichung versteht. Sie beruht auf dem Vertrauen in die begriffs- und sach-aufschließende Zeigekraft einer theophanischen Weltstruktur; sie braucht das sinnlich Gegebene, aber auch Begriffe und Strukturen unseres Denkens als Zeichen, Spur, Verweis, Bild, Gleichnis, Analogie und Metapher für das Verstehen des jeweiligen konstitutiven Grundes und für den Übergang aus affirmativer Annäherung in die theologia negativa. ” (Werner Beierwaltes)  
Eine ähnliche Grundierung finden wir im hinduistischen Tantrismus:
“Der Tantrismus ist eine Erkenntnislehre, die auf der Untrennbarkeit des Relativen und des Absoluten basiert. Der Tantrismus betont die Identität von absoluter und phänomenaler Welt. Das Ziel des Tantrismus ist die Einswerdung mit dem Absoluten und das Erkennen der höchsten Wirklichkeit. Da angenommen wird, dass diese Wirklichkeit energetischer Natur ist und Mikrokosmos und Makrokosmos verwoben sind, führt der Tantrismus äußere Handlungen als Spiegel innerpsychischer Zustände aus. Da Geist und Materie als nicht vollständig geschieden angesehen werden, ist der hinduistische Tantrismus diesseitsbejahend und benutzt psycho-experimentelle Techniken der Selbstverwirklichung und Erfahrung der Welt und des Lebens, deren Elemente als positive Dimensionen erfahren werden sollen, in denen sich das Absolute offenbart.” (Wikipedia)

Für den Neuplatonismus Volkmann Schluck: “Das Hinaussehen der Seele über die Sinnesdinge auf die Idee hin und zwar gemäß der leitenden Grundfrage eines steigenden In-sich-hineingehens.”
In diesem Kontext zur neuplatonischen Apheiresis: Dabei geht es um die Materialität und Körperlichkeit, die als Einschränkung begriffen und vom wahren Sein durch apheiresis entfernt werden.
C. Tornau: “Bei der Aphairesis führt man sich  die Tatsache vor Augen, daß die Regeln materiellen Seins Trennungen vorgeben, die de facto im Höheren nicht gelten, indem man die räumliche und zeitliche Trennung der Gegenstände in Gedanken nach und nach aufhebt, ohne ihre Differenz aufzuheben, so daß man schließlich eine Vorstellung vom Sein gewinnt, in der alles eins und dennoch unterscheidbar ist. Der entscheidende Schritt besteht darin, die Grenze zwischen dieser Vorstellung und sich selbst aufzuheben. Der Gewinn daraus ist die Einswerdung mit dem geistigen Sein als ganzem unter voller Bewahrung der eigenen Identität.”
 
Das Ziel, die Teilhabe oder Schau des geistigen Seins nach Plotin:
“In den anderen sehen sie sich selbst. Es ist ja alles transparent, es gibt nichts Dunkles oder Widerständiges, sondern jeder und alles ist für jeden deutlich sichtbar bis ins Innerste; Licht ist es ja für Licht.”

Hier schließt sich in der Proklamation des konstitutiven Grundes  vor der Erscheinung der Kreis zu Dionysios Areopagita (und zu Cusanus), was nicht wundert, steht dieser doch in neuplatonischer Tradition. So erhält die Form  im Übersteigungswunsch ihr ureigenes Recht, sie genießt Achtung (nicht Verachtung!) in der ihr zugewiesenen, symbolistisch aufgefassten Position. Somit ist sie dem Verständnis nach Schein im Sinne von Abglanz und nicht im Sinne von Wahn -und genau dies bezeichnet den gravierenden Unterschied im Umgang mit ‘Sein’ und  ‘Welt’ und ‘Emanation’.