Giordano Bruno, natürliches Licht

Giordano Bruno:
Teofilo:” Urteilt Ihr! Ihr könnt von hier zu der Vorstellung aufsteigen, ich meine nicht des allerhöchsten und besten Prinzips, welches von unserer Betrachtung ausgeschlossen bleibt, sondern der Weltseele, wie sie die Wirklichkeit von allem und das Vermögen von allem und alles in allem ist. Zugegeben daher, daß es unzählige Individuen gebe: Zuletzt ist alles eins, und das Erkennen dieser Einheit bildet Ziel und Grenze aller Philosophie und aller Naturbetrachtung; während die höhere Betrachtung, welche über die Natur hinaus sich erhebt, innerhalb ihres Gebietes bestehen bleibt, die für den, der nicht glaubt, doch etwas Unmögliches und Nichtiges ist.”
Dicson: “Sehr wahr; denn dahin erhebt man sich durch ein übernatürliches, nicht durch ein natürliches Licht…”
Teofilo: “Dasselbe haben diejenigen nicht, welche alles für körperlich halten, entweder für einfache Körper wie den Äther, oder für zusammengesetzte wie die Sterne und was zu ihnen gehört, und welche die Gottheit nicht außerhalb der unendlichen Welt und der unendlichen Dinge, sondern innerhalb jener und in diesen suchen.”
Dicson: “Darin allein scheint mir der gläubige Theologe von dem wahren Philosophen unterschieden.”
Teofilo: “So denke ich auch. Ich glaube, ihr habt meine Meinung verstanden.”

Bruno spricht hier der Materie eine Eigentlichkeit und Immanenz zu, die den Materiebegriff des Dualisten oder Theisten bei weitem übersteigt. Die Materie soll als letzter Träger aller (göttlichen) Immanenz absolutes Interesse haben, und ihre Besprechung   ist nun nicht Sache des Theologen, sondern wird der Zuständigkeit des  echten Philosophen, der sich auch Wissenschaftler nennen kann, zugeschlagen. Eine Divergenz oder gar Unversöhnlichkeit von Wissen, von Wissenschaft und höherem Erkennen (was erst Vermutung, Bild, Entrückung, Mythus heißt) wird überwunden, indem an die Stelle des Glaubens die Ausfüllung durch  Erfahrung tritt. Eine so verstandene Philosophie ist im Sinne des Wortes im Immanenten geerdet und doch in der Erkenntnis des eigentlichen Wesens der  Hiesigkeit zum Numinosen gerichtet. Nicht Gnade, Devotion, bestenfalls Spekulation, sondern die Proklamation der Möglichkeit zur Durchdringung und Erklärbarkeit wird Zentrum aller Bemühung.  Die Durchdringung des Mythus meint dabei keine Rationalisierung im herkömmlich verstandenen, profanisierenden  Sinne, sondern hier ist Rationalisierung im Gegenteil  Lebens-Hebung, Lebens-Heiligung (im Sinne eines Subjekt-Objekt-kongruenten Seins, eines Erkennens und Befindens in der Lichtheit der einzigen -und daher eigenen!- Natur).  Die Philosophie ist somit die bessere Theologie, weil sie hiermit die Sache des Glaubens (oder allgemeiner: der Ansichten) zum (numinos beauftragten) Ziel einer endgültigen Klärung treibt, ihr dabei die empirische Erweiterung des Existenten in der Erweiterung des Selbstseins zum Höheren, zum Religiösen wird, wissend um die Kontinuität  von Geist, Materie, Selbst und  aller Objektation zum Eigentlichen – ihren Ernst ewigen Erkennens wahrnehmend – ERKENNT.