Nietzsche gegen den Idealismus

Nietzsche gegen den Idealismus:
“Die ‘scheinbare’ Welt ist die einzige: die ‘wahre Welt’ ist nur hinzugelogen…
Und was für feine Werkzeuge der Beobachtung haben wir an unseren Sinnen. Diese Nase zum Beispiel, von der noch kein Philosoph mit Verehrung und Dankbarkeit gesprochen hat, ist sogar einstweilen das delikateste Instrument, das uns zu Gebote steht: es vermag noch Minimaldifferenzen der Bewegung zu konstatieren, die selbst das Spektroskop nicht konstatiert. Wir besitzen heute genau so weit Wissenschaft, als wir uns entschlossen haben, das Zeugnis der Sinne anzunehmen – als wir sie noch schärfen, bewaffnen, zu Ende denken lernten. Der Rest ist Mißgeburt und Noch-nicht-Wissenschaft: will sagen Metaphysik.”

“Aller Idealismus ist Verlogenheit vor dem Notwendigen.”
(Nietzsche, Götzendämmerung)

An dieser Stelle nun ist man versucht zu  sagen: Und dann  kam  Max Planck!  Jener formulierte  in Nietzsches Todesjahr 1900 die Grundlegung der Quantentheorie. Nietzsche (wie anderen seiner Zeit)  fehlte grundsätzlich der naturwissenschaftliche Kenntnisstand -man beachte hier auch sein naiv zu nennendes Vertrauen auf das Vorfindliche, gar die menschliche Physis-, der eine derart unverortete, man kann sagen: grob-persönlich gefärbte Metaphysik-Kritik  ausgeschlossen hätte. Die platonischen Aussagen über die Materie, somit die Relativierung des Materiebegriffes,  der idealistisch konstruktivistische Grundaspekt der Existenz  blieb ihm ganz (unzulässige) Chimäre.
Werner Heisenberg sagte :
”Am Anfang war die Symmetrie’, das ist sicher richtiger als die
Demokritsche These Am Anfang war das Teilchen’. Die
Elementarteilchen verkörpern die Symmetrien, sie sind ihre einfachsten
Darstellungen, aber sie sind erst eine Folge der Symmetrien.
Die Elementarteilchen können mit den regulären Körpern in Platos
Timaios’ verglichen werden. Sie sind die Urbilder, die Ideen der
Materie.”
“Nach Heisenberg sind Symmetrien fundamentaler als Materie, d. h.
das eigentlich Elementare sind mathematische Strukturen und nicht
unteilbare Materiestücke. Damit ist die Elementarteilchenphysik näher an Platons Theorie der Materie als  wie üblicherweise behauptet wird  an der Atomtheorie von Leukipp und Demokrit. Heisenbergs Sichtweise stellt einen einfachen Materialismus, dem gemäß alle Erscheinungen auf Materie und ihre Wechselwirkung zurückgeführt werden können, in Frage.”
(Tobias Jung)
 Zudem akzeptiert Nietzsche nicht, daß seine  “Noch-nicht-Wissenschaft” , die er als “Mißgeburt” bezeichnet, viel eher als spekulativer Vorposten in der Prozedur des Lernens und Erkennens benannt werden muß. Daher sagt A. N.  Whitehead: „Aufgabe der Spekulation ist es, das Denken schöpferisch in die Zukunft wirken zu lassen; und sie erfüllt diese Aufgabe, durch das Erschauen von Ideen, die das Beobachtbare umfassen:” , Die  “Noch-nicht-Wissenschaft” ist nicht “Mißgeburt”, sondern -schafft sie es in diesem Prozeß bis zum Nachweis-sie  ist Geburt der Wissenschaft im  Vollzug (im Streben) einer menschlichen Erkenntnis-Teleologie. Die  Tiefe und Größe der vorplanck`schen Denker, die ohne die Evidenzen dieses naturphilosophischen Paradigmenwechsels zu argumentieren hatten, aber eben doch aus innerer Ahnung -aus logischer Notwendigkeit!- hinter die Fassade der Welt und  der Materie  vorzudringen trachteten (was Nietzsche unter anderem als Schopenhauerei abtut) nenne ich die philosophischen der  Philosophen. Was nicht nach Erkenntnis drängt, betreibt Beschreibung, ist Morphologie und Psychologie des Hier und Jetzt , der Welt, des Menschen, des Vorfindlichen, ist eben  daher ohne Ausgriff, ohne echten Klärungswunsch bezüglich der Seinsbedingungen und ohne die Dynamik, die  als Bewegung des Selbstvollzuges zum Höchsten benannt werden kann.