Einfaltung

Werner Beierwaltes über den Neuplatonismus: “Gemäß der protreptischen oder pädagogischen Bedeutung von Geometrie – die nachhaltige Wirkung von Platons Padeia-Konzept – muß jedoch die von der dianoia aus in und durch die Einbildungskraft ‘nach außen’ verlaufende Bewegung wieder umgekehrt werden, d.h… der Deduktion der sichtbaren geometrischen Gestalt muß eine Reduktion auf deren eigentlichen Grund, die Idee, der Entfaltung also muß eine Einfaltung entsprechen. Dies heißt, daß das Denken sich auf sich selbst zurückzuwenden hat, um sich in diesem Akt gerade von der gestaltschaffenden oder verbildlichenden Tätigkeit der phantasia zu lösen, von der räumlichen Anschaungsweise sich zu befreien, um im Bereich des reinen Denkens die seienden Begriffe oder Ideen der geometrischen Figuren, wie sie in sich sind, nämlich abstandslos zu erkennen.”

Dies Prinzip ist auch lebenspraktisch zu verstehen. Man hat von der Gestalthaftigkeit der Welt zu abstrahieren, es soll zu einer Hindurchschau durch alle Explikation kommen, so auch zur Erkenntnis über den evolutionären Topos in aller Erscheinung, der eine Rückkehr von sich in die Ursächlichkeit fordert, der also vor die Umsetzung ins Bild den Grund für das Bild erschauen muß. Ontisch ist die Erscheinung der Welt nur Blickart – und sie ist hierbei dem Subjekt schon zugeneigt gemäß seiner feinstofflichen Präposition, die zur gleichen Zeit ihre eigene Veräußerung in die Raumzeit überschauen kann. Da alle lebenden Subjekte sich dahingehend selbst konstituiert haben, sollen sie auch in Erkenntnis dessen alles an Übersetzung zu und in sich zurückkommen lassen, indem sie ihren konstitutiven, also vor-weltlichen Impetus überwindend verharren in der ihr eigentlichen apriorischen Dimension – die in einem weiteren Blick so eine alles vereinende ‘Gestalt’ annimmt. Und um dies zu beginnen, müssen sie sich in der Hiesigkeit in einem rückwendigen Lassen dessen versuchen, was sie eben zum dem höheren Selbst abgewandten scheinhaften Selbst, also dem Ego oder der Person, konstituiert hat. Durch solche Enrwicklung soll die vorweltliche Intention zur Explikation also bereits aus der Apriorie heraus vermieden sein, weil die Blickrichtung des (höheren) Selbst sich nun ändert, sich zum Geist in seiner Totalität orientiert, nicht aber hin zu seiner seelischen (dann weltlichen) Verwirklichung.