Meister Eckhart sagt: “Gib acht, worin das Unzulängliche liegt! Das kommt vom ‘Nichts’. Was demnach vom ‘Nichts’ im Menschen ist, das muß getilgt werden; denn solange solches Unzulängliche in dir ist, bist du nicht der Sohn Gottes. Daß der Mensch klagt und leidvoll ist, das kommt stets nur vom Unzulänglichen. Darum muß, auf daß der Mensch ‘Gottes Sohn’ werde, dies alles getilgt und ausgetrieben sein, so daß weder Klage noch Leid da sei. Der Mensch ist weder Stein noch Holz, denn das ist alles Unzulängliches und ‘Nichts’. Wir werden ‘ihm’ nicht gleich, wenn dieses ‘Nichts’ nicht ausgetrieben wird, so daß wir alles in allem werden, wie Gott ‘alles in allem’.”
Dies kann für den Lebensalltag meinen: All die äußeren lebenspraktischen Erfordernisse und Bewegungen sowie die daran gekoppelten emotionalen Zustände, zuletzt der ganze psychische wie auch der physische Apparat (zur Welt), sind im Prinzip durchaus – täglich – als ein ‘Nichts’ zu bedenken. Warum dies aber keine Minderung bezeichnet: Der Mensch ist seinem Wesen nach nicht Körper – ‘weder Stein noch Holz’ – sondern feinstoffliches Sein, somit ‘Geist’, und somit ist er zugleich alles jenseits dem Nichts, und dies wiederum bezeichnet eine eigentliche Fülle und zuletzt das Sein selbst, wo der Körper und seine Welt lange nicht mehr von Interesse sind.
Es kommt also darauf an, aus diesem Gedanken, der ja durch eine tiefe Seinsbefangenheit äußerst fern zu liegen scheint, einen elementarsten Kern des Eigenen zu vergegenwärtigen, der über all dies Äußere und Veräußerte erhaben ist. Dieser Wesenskern äußert sich zwar idealiter in der wesensechten Betätigung, führt darüber gar selbstredend zu einem latenten Seinszustand eben in solcher Selbstvergewisserung, und doch überwiegt zumeist das sogenannte Lebensvolle (zum Hiesigen) bei weitem und bindet die Aufmerksamkeiten alltäglich ganz an sich, an das Weltliche. Wie läßt sich also diese Erfordernis zur ‘Tilgung’, somit der Drang zum uneigentlichen Leben nach der gängigen Definition des Lebens überwinden, daß das Wahre bereits im Hiesigen immanent wird? Das Leibliche soll eben nur Vehikel sein, die Umgebung der Objekte indes Hinweis und Hinleitung, wahre Lebensfülle aber meint vielmehr eine gelebte Ästhetik in gewisser Verneinung, die aber zugleich positives Bekenntnis ist, denn wir werden keineswegs leer durch diese Negation (da in Wahrheit die Fülle noussphärisch zu denken ist), sondern wir sollen uns lediglich leeren von der vermeintlichen Fülle ihrer weltgerichteten Entäußerung.