Meister Eckhart sagt: “Man soll überdies wiederum wissen, daß in der Natur der Eindruck und Einfluß der obersten und höchsten Natur einem jeglichen Wesen wonnesamer und lustvoller ist denn seine eigene Natur und Wesensart. Das Wasser fließt infolge seiner eigenen Natur niederwärts zu Tal, und darin liegt auch sein Wesen. Jedoch unter dem Eindruck und Einfluß des Monds oben am Himmel verleugnet und vergißt es seine eigene Natur und fließt bergan in die Höhe, und dieser Ausfluß ist ihm viel leichter als der Fluß niederwärts. Daran soll der Mensch erkennen, ob er recht daran sei: daß es ihm wonnesam und erfreulich wäre, seinen natürlichen Willen zu lassen und zu verleugnen und sich völlig seiner selbst zu entäußern in allem, von dem Gott will, daß es der Mensch leidet.”
Hierzu soll der Mensch also ganz dem gegenwärtig leben, was über ihm ist, und wird ihm dies ‘Über’ zu eigen, so kann er auch nicht einen Verlust seiner Natur leiden, sondern sieht ja so erst in die eigentliche Natur der Feinstofflichkeit seines höheren Körpers, und er erkennt diesen Körper als das eigentliche Selbst, das so wiederum immer mehr seiner eigentlichen Art (dem geistigen Sein) zugeneigt wird, was heißt, daß es sich bewußt wird, daß es dort verweilt und durch diese Verortung weitergeht durch die Hypostase in ein immerwährendes ‘Oben’. Diesen Durchstoß unternimmt es auf gewisser Weise schon im Hier (die Potenzialität des Alles ist schließlich in ihm), indem er das Wesen der Expliziertheit zum veräußerten Ich-Sein sein läßt und sich selbst zum Einen ‘durchdenkt’ oder über-denkt (und auch -tut). Ficino sagt daher mit Recht: “Fliehe das Äußere, Viele, Materielle, Körperliche, richte dich nach innen und oben aus.” Und nach Nikolaus von Kues bedarf es einer “Handreichung, beruhend auf dem Vertrauen in die begriffs-und sachaufschließende Zeigekraft einer teophanischen Weltstruktur; sie gebraucht das sinnlich Gegebene, aber auch Begriffe und Strukturen unseres Denkens als Zeichen, Spur, Verweis, Bild, Gleichnis, Analogie und Metapher für das Verstehen des jeweiligen konstitutiven Grundes und für den Übergang aus affirmativer Annäherung in die Theologia Negativa.” (W. Beierwaltes) Dies ist selbstredend platonisches Gedankentum, und es bedarf hier in keiner Weise dem christlichem Dogma.
Volkmann Schluck über den Neuplatonismus: “Die Selbstdifferenzierung ist in der Notwendigkeit der Selbstanschauung der Seele motiviert. Leben hat den reflexiven Charakter einer die Bewegung zum Vielen erfordernden Selbstanschauung, in der es allein das Sich-haben in einer geeinten Mannigfaltigkeit sein kann.”
Das Leben in so benannter Lebensdynamik (Rajas) ist ein Leben, das -bindet es nicht mehr zurück – als Niedergang bewertet werden kann. Wird es aber lebensvoll jenseits dieser sogenannten oder dafür gehaltenen Lebensfülle, steigt es zum Eigentlichen, das das wahre, aber unbekannte Leben ist, in dem die uns bekannten Begriffe viel tiefere Bedeutung erhalten und das, was daran zur Hiesigkeit gekoppelt ist, dort erst zur Befriedigung geführt werden kann.
Daher auch – setzt man diese Eigentlichkeit als das grundhafte Sein, die in der Inkarnation verlassen wurde – könnte man hier treffend den Satz von C.G.Jung anbringen: “Die Kurve des Lebens ist wie eine Geschoßparabel. In seiner anfänglichen Ruhelage gestört, steigt das Geschoß auf und kehrt wieder zur Ruhelage zurück.”
Das sogenannte Leben selbt ist die Störung, jenseits dessen aber das wahrhaftigere Lebendigsein.