Beierwaltes über Ficino:
“Nur im absolut Unendlichen kommt die intentional unendliche Bewegung der ‘mens’ zur Ruhe (quiescit); nur dieses ist der dem Kreisgang des Geistes zukommende, “ihm wesenseigene, eigentümliche Ort, in dem sie sich – beatitudo erreichend – aus eigener Einsicht ‘vollendet’. Vollendung durch Ruhe in der Berührung des Seins absoluter, aktualer Unendlichkeit kann freilich nich als sistierender Abschluß oder Abbruch der bisher verwirklichten Akte vorgestellt werden, sondern eher als die beglückende Teilhabe in Zeit an einer zeit-freien, aktual-unendlichen Selbstbezüglichkeit von Denken, Wollen und Lieben. Diese Verbundenheit mit dem absolut Unendlichen hat deshalb eine vom vorbereitenden infinite progredi der ‘mens’ unterschiedene Qualität: Sie ist als eine paradoxe Einheit von Bewegung und Stand, als ‘status mobilis’ und ‘motus stabilis’ zu begreifen.
In diesem Satz wird offensichtlich, daß eine Zielführung, ein Plan zum Heil schon Differenz zum Heil als (ontische) Biegung in eine Wegstrecke meint, die von Unterscheidung und Stufung handelt. In Wirklichkeit aber hat man schon jetzt mit dem Alles zu verfahren (denn es ist nur das!), eben zwar aus der Disposition der Zeitlichkeit, aber derart, daß Zeit und Raum (und ihre Hervorbringungen wie die Objekte, Differenzierungen und Konzepte) in gewisser Weise nach hinten treten. Zu einer Kontinuität des Bewußtseins geführt ist die Beschreibung eines derart eingerichteten Lebens zunehmend als ungebunden an die Erfüllung eben solcher Determinanten zu betrachten. In dieser Kontinuität ist auch der Begriff der Liebe (und des Eros) ohne Exklusion (= Nächstenliebe) als Umfassung des gegenwärtigen Anspruches des Mens zu verstehen.
Berührung absoluter aktualer Unendlichkeit ist dabei Signum starker Hingabe und Lösung vom Eigensein, das ‘will’. Es muß ganz anders ein Eigensein der energetischen Dispositionen des Alles werden – aktual meint dies ein Sein ohne Minderung des Jetzt durch defiziente Verfasstheiten des Ich – wie Angst, Sorge, Schwäche, Unbewußtheit, Abhängigkeit etc. Nur dem totalen, also positiven (im Sinne von wirklichen) Sein zugewandt wird der Mensch zu etwas Neuem, Ungewohntem, wird er zum Träger der Energetik des Ganzen, die ihn zur ganzen Verwirklichung neigt.