Über der Gestalt

Meister Eckhart sagt: “Die Seele nun, die den Einfluß (= das Einströmen) göttlicher Gnade empfangen hat und den göttlichen Adel ‘schmeckt’, der wird bitter und zuwider alles, was nicht Gott ist. Zum andern erstrebt sie das Allerhöchste, so daß sie nichts über sich zu dulden vermag. Ich sage sogar schließlich, daß sie (selbst) Gott nicht über sich zu dulden vermag. Wäre die Seele zu ihrer höchsten Freiheit so weit emporgezogen über alle Dinge, daß sie Gott an seine reine göttliche Natur rührte, sie würde niemals zur Ruhe kommen, wenn nicht Gott sich in sie und sie in Gott brächte.”

Volkmann-Schluck über den Neuplatonismus: “Der Ursprung alles bestimmten und daher beschränkten Seins kann (daher) selbst nicht an eine Gestalt gebunden werden. Es ist gestaltlos und, da er ‘vor’ dem Noetischen liegt, nicht Usia. Jedes ‘Sein’ (Usia) enthält das Angesprochensein auf die Einheit einer umgrenzten Gestalt, ist Gewordensein zur noematischen Form.” Und: “Der Ursprung des Seienden ist daher selbst ein Nichts, und nur als Nichts kann er Ursprung der Wesen sein. ” Weiterhin: “Das Nichts bedeutet nicht Nichtigkeit, sondern als Nichtsein aller eidetischen Bestimmtheit eine alles Seiende ans Seinsrang überragende Weise zu sein.”
Dieser höchste Seinsrang ist wesenhaft allem gemein in und nach der Überwindung. Die Zuwiderheit liegt in der Betrachtung der Form, die nicht Kunde tut, weil sie ihren Ursprung negiert und so Form affimiert, die stets geneigt ist, die apriorischen Bindungen zu verlieren.
Zu den Gattungen: Die Ideen stehen am Beginn der Form, auf archetypische Weise. Die Form aber wird erst im Betrachter evolviert. Ändert sich die Betrachtung zur Verallgemeinerung, gehen die Archetypen ein in die unexplizierte Form ihrer Anlage, sie selber werden dann einst ihrem ersten Sinn und Impetus und Drang nach durchdacht und durchschaut werden, um so in sich verharrend sich selbst zum Einen zurückzuführen.
Beierwaltes über Proklos: “Die Entgrenzung der Inständigkeit des Geistes geschieht durch die differenzierende und die Vielfalt konstituierende Selbst-Entfaltung des Gedachten als Hervorgang.” Insofern der Weg der Rückexplikation: Eckharts Emporgezogenheit über alle Dinge – und damit ein Eingehen hinter den Geist.