Wissenschaft und Spiritualität

C.G.Jung: “In der Weltanschauung alten Stils hat der Mensch seinen Geist naiverweise für die Dinge gesetzt, er durfte sein Gesicht als das Antlitz der Welt betrachten, sich als ein Ebenbild Gottes sehen, welche Herrlichkeit mit etwelchen Höllenstrafen nicht zu schwer bezahlt war. In der Wissenschaft aber denkt der Mensch nicht an sich, sondern nur an die Welt, an das Objekt: er hat sich abgetan und seine Persönlichkeit dem objektiven Geist geopfert. Darum steht der wissenschaftliche Geist auch ethisch höher als die Weltanschauung alten Stils.
Wir beginnen aber die Folgen dieser Verkümmerung der menschlichen Persönlichkeit zu fühlen. Allerorts erhebt sich die Frage nach Weltanschauung , nach Sinn von Leben und Welt. Zahlreich sind auch die Versuche in unserer Zeit, rückfällig zu werden und Weltanschauung ältesten Stils zu treiben, nämlich Theosophie, mundgerechter: Anthroposophie.”
Tatsächlich führt ja die älteste Weltanschauung zum Ursprung der Religion und ihrem eigentlichen Sinn und Grund zurück. In der esoterischen Tradition ist deren gnostisch -transzendent-empirisches Gedankengut und nach Fortschritt oder Wiederherstellung dieses Wissens als des Gewußten (Plato) Strebenden stets gewahrt worden. Alle Institution aber ist von der ersten Zeit an schon Übersetzung, die sich – weil bald jeder kenntnisorientierte und so eigenverantwortliche Impetus ausgeschieden wurde – in Symbol und Ritus und Mittlerschaft verlaufen hat, und dies bis zur Unleserlichkeit (und hier vorausgesetzt die Religion sei nicht schon qua Geburt Plagiat einer Übersetzung).
Wissenschaft und Spiritualität als Aspekte zur verschieden betrachtenden Klärung der Seinsbedingungen erfahren dann in der Erinnerung -diese aber im Angesicht technischer und rationalisierender Progression (daher auch handelt es sich nicht um einen regressiven Vorgang)- eine Synthese, die, die Defizienz der constitutio “Mensch” erkennend, den Auftrag zur Zielführung erfolgreich in Angriff zu nehmen hat. Dies (einst) im Überkommen aller raumzeitlichen Bedingung. Transzendenz wird immanent und empirisch, Empirie nimmt transzendenten Charakter an, und alles Wissen und alles Existieren strebt zur eigentlichen Verursachung, die Geist heißt.