Einung

Fichte: “Ich verstehe dich jetzt, erhabner Geist. Ich habe das Organ gefunden, mit welchem ich diese Realität und mit dieser zugleich wahrscheinlich alle andere Realität ergreife. Nicht das Wissen ist dieses Organ: kein Wissen kann sich selbst begründen und beweisen; jedes Wissen setzt ein noch Höheres voraus, als seinen Grund, und dieses Aufsteigen hat kein Ende. Der Glaube ist es, dieses freiwillige Beruhen bei der sich uns natürlich darbietenden Ansicht, weil wir nur bei dieser Ansicht unsere Bestimmung erfüllen können; er ist es, der dem Wissen erst Beifall gibt und das, was ohne ihn bloße Täuschung sein könnte, zur Gewissheit und Überzeugung erhebt. Er ist kein Wissen, sondern ein Entschluss des Willens, das Wissen gelten zu lassen.
So halte ich denn auf immer an diesem Ausdrucke fest, was keine bloße Unterscheidung in den Ausdrücken, sondern eine wahre tief gegründete Unterscheidung ist, von der wichtigsten Folge für meine ganze Gesinnung. Alle meine Überzeugung ist nur Glaube, und sie kommt aus der Gesinnung, nicht aus dem Verstande. Nachdem ich weiß, werde ich mich auf Disputieren nicht einlassen, indem ich voraussehe, daß damit nichts gewonnen werden kann; ich werde mich durch dasselbe nicht irre machen lassen; weil die Quelle meiner Überzeugung höher liegt als aller Disput: Ich werde mir nicht einfallen lassen, einem andern diese Überzeugung durch Vernunftgründe aufdrängen zu wollen, und nicht betreten werden, wenn ein solches Unternehmen misslingt. Ich habe meine Denkart zunächst für mich selbst angenommen, nicht für andere, und will sie auch nur vor mir selbst rechtfertigen. Wer meine Gesinnung hat, den redlichen guten Willen, der wird auch meine Überzeugung erhalten: Ohne jenen aber ist diese auf keine Weise hervorzuzbringen.”

Dies Denken aber steht ganz in der monistischen Art. Am Beispiel des Liebesbegriffes im Neuplatonismus wird die Implikation einer Umfassung zum Einen deutlich:
“Die maßlose Liebe erfährt ihr Woraufhin nicht mehr als Gegenüber einer schönen Gestalt, sondern als gestaltfreies Eines. In der Ekstase bringt sie sich in das als ein jenseits ihrer selbst begegnende überweltliche Selbst. Aber dieses wird nicht als Durchfühltsein des Subjekts erfahren, sondern als Alleinsein in der denkfreien Einung mit einem jenseitigen Einen.” (Volkmann-Schluck)

In dieser Bewegung ist eben nicht Objekt, nicht einmal Subjektives oder Relation, sondern eben das Umfassen und Durchwirken, das dann ein Aufgehen wird im Einen, das alleine in seiner Einzigkeit ist. Daher auch ist umgekehrt alle Distraktion nur Ausdruck, daß dieses Eine fern sei im Sein des Subjekts zu einem Noch-Anderen, welches zuletzt im Außen sichtbarer Aspekt des Nicht-Einigenden ist und in dialektischer Weise mit Mühe, Disput, entgegengesetzter Ambition handelt. So ist das Zerwürfnis zuletzt Signum des uneinigen Einen im (reduzierten) Selbst; überführt sich das Subjekt aber fortwährend in die Einigung, nimmt die Distraktion stetig ab und es stellt sich ein harmonisierendes Kommen zu sich selbst in Gewißheit ein, die von (nachlassenden) widerstreitenden Kräften zusehends nicht berührt wird. Was in Berührung kommt ist vielmehr etwas, das sich einig ist, – ist Zustimmung. Und in dieser Bewegung ist Wahrheit, Güte und Liebe.