Begrenzung und Werdung

Plotin: “Als was soll man sich nun die Unendlichkeit vorstellen? Nun, man sondere in Gedanken die Idee von ihr ab. Und als was soll man sich diese dann vorstellen? Nun, als Gegensätzlichkeit und wiederum Nicht-Gegensätzlichkeit. Denn man muß sie sich als Großes und als Kleines denken (denn zu beidem wird sie), als ruhend und bewegt (denn auch das wird sie); andererseits ist klar, daß sie, bevor sie dies wird, keiner der Gegensätze in begrenzter Weise ist; andernfalls hast du sie erst begrenzt. Ist sie also unendlich, und zwar in unendlicher, unbegrenzter Weise, so kann sie als jedes von beidem vorgestellt werden. Trittst du nahe herzu, so wird sie dir, wirfst du ihr nicht irgendeine Begrenzung wie ein Netz über, unter den Händen entrinnen; du wirst sie keineswegs als ein Eines antreffen; denn damit hättest du sie schon begrenzt. Andererseits tritts du an einen ihrer Teile heran als an ein Eines, so wird es sich als Vieles herausstellen; nennst du sie aber Vielheit, so bist du wiederum deinerseits betrogen; denn wenn der einzelne Bestandteil kein Eines ist, kann auch das Ganze kein Vieles sein. “

Zum Verhältnis von Potenz und Unbestimmtheit einerseits und Reduktion und Konkretion (“Begrenzung”) durch Beobachtung und Anregung andererseits sagt Werner Heisenberg:
“Erst durch den Begriff der Komplementarität kann man verständlich machen, daß die Vorstellung eines materiellen Objektes, das von der Art, wie es beobachtet wird, ganz abhängig ist, nur eine abtrakte Extrapolation darstellt, der nichts Wirkliches genau entspricht.” (nach Wolfgang Pauli)

“… daß Atome keine Dinge oder Gegenstände mehr sind.” …Sie sind Bestandteile von Beobachtungsituationen…”

“Die Vorstellungen sind doch offenbar vor der Erfahrung, sie sind die Voraussetzung für die Erfahrung.”

“Ich wollte nur davor warnen, bei den Atomen so einfach von Erfahrung zu sprechen; denn es könnte immerhin sein, daß die Atome, die man ja gar nicht direkt beobachten kann, auch nicht einfach Dinge sind, sondern zu fundamentaleren Strukturen gehören, bei denen es keinen rechten Sinn mehr hätte, sie in Vorstellung und Ding auseinandertreten zu lassen. ”

“…daß die Atome wahrscheinlich keine Dinge sind. Dies hatte offenbar auch Plato im Timaios gemeint, und nur so waren seine weiteren Spekulationen über die regulären Körper wenigstens halbwegs verständlich. Auch wenn die moderne Naturwissenschaft über die Formen der Atome spricht, so kann das Wort Form hier nur in seiner allgemeinsten Bedeutung verstanden werden, als Struktur in Raum und Zeit, als Symmetrie-Eigenschaft von Kräften, als Möglichkeit zur Bindung an andere Atome. Anschaulich würde man solche Strukturen wohl nie beschreiben können, schon weil sie gar nicht so eindeutig in die objektive Welt der Dinge gehören.”