Bild, Übersetzung

Plotin: “Das haben auch, scheint mir, die ägyptischen Weisen, sei es aufgrund exakter Wissenschaft, sei es aus angeborner Klugheit erfaßt: sie verwendeten zur Darlegung ihrer Weisheit nicht die Buchstabenschrift, welche die Wörter und Prämissen nacheinander durchläuft und auch nicht die Laute und das Aussprechen der Sätze nachahmt, vielmehr bedienten sie sich der Bilderschrift, sie gruben in ihren Tempeln Bilder ein, deren jedes für ein bestimmtes Ding das Zeichen ist: und damit, meine ich, haben sie sichtbar gemacht, daß es dort oben kein diskursives Erfassen gibt, daß vielmehr jedes Bild dort oben Weisheit und Wissenschaft ist und zugleich deren Voraussetzung, daß es in einem einzigen Akt verstanden wird und nicht diskursives Denken und Planen ist. Und erst als ein Späteres entspringt von dieser Weisheit, welche nur mit einem einzigen Akt erfaßt wird, ein Abbild in einem anderen Ding, und dies ist nun entfaltet und legt sein Wesen selber im einzelnen dar und macht die Ursachen ausfindig, warum ein Ding so beschaffen ist…”
Hier läßt sich ein Parallelismus zum (plotinischen) Schöpfungsakt festmachen:
” …gleichsam mit einem Schlage in Erscheinung trat ein Nachbild und Gleichnis von Jenem, sei es unmittelbar, sei es durch Vermittlung der Seele – das soll uns im Augenblick nichts ausmachen – oder irgendeiner Seele; jedenfalls stammt all dies aus Jener Welt und ist dort oben vorhanden in einem schöneren Sein; denn die Dinge hier unten sind ja auch die Mischung und nicht jene.”

Man könnte hier kulturkritisch anschließen: Die Schrift und so die Kunde, die Benennung und Fixierung (der Apriorie) vollzieht sich auf der zeitlichen explikativ-diskursiven Ebene und ist so schon Signum der Distanz zum unmittelbaren Grund in seiner – metasensorischen – Gleichzeitigkeit und Authentizität, partikularisiert und zertrennt den Grund und hypostasiert somit sein Wesen. Andererseits aber ist diese rationalisierende (lebenspraktische) Explikation schon aufgrund der Tatsache, daß sie Anlage ist, Signum teleologischer oder menschlicher Notwendigkeit (eben als -diskursiver – Teil-Aspekt der Durchdringung).
Wie aber kann dann etwa Fichte – so gerade in seiner Rede an die deutsche Nation – die innere Eigentlichkeit als fundamental mit der Funktion der Sprache erachten? Hierzu das Wort von der internalisierten Sprache: “…Sprache (wird) als ein internes, mentales Vermögen, eine potentiell unendliche Anzahl von Sätzen zu generieren, verstanden, do daß der Fokus darauf gerichtet ist, wie Sprache als kognitives System eines Individuums repräsentiert und sprachliche Information verarbeitet wird.” (S. Dümig)
Bei Fichte wird das individuelle System indes zum kognitiven System der Gruppe.
Wie nun aber verhält sich die Internalisierung zur Bildlichkeit? Nun ist (ursächliche) Sprache die erste Kunde und Übersetzung aus dem Zusammensehen, bleibt dabei dem Bildlichen daher noch nahe verwandt. Dies auch, weil schließlich das Bild selbst frühe Übersetzung heißt, denn die Ideen sind ja über der Bildlichkeit, denn so wie das Geistige (der Nous) sein Innesein der Verwirklichung zuführt, indem er sich erst selbst vor sich selbst bringt, so gibt es eben ein in der Anschauung erst nicht vor sich selbst Seiendes, das sich im Denken erst in eine Vielheit ausbreitet (im Betrachter expliziert wird). Im Eide ist also dort schon Seinsverlust, wo er überhaupt artikuliert ist. Bildlichkeit, Sprache und Schrift sind hierin in ihrer Funktion nur graduell zu unterscheiden.