C.G. Jung: “Der Schatten und der Gegenwille sind die unvermeidlichen Bedingungen jeder Verwirklichung. Das Objekt, welches keinen eigenen und unter Umständen seinem Schöpfer entgegengesetzen Willen und keine anderen Eigenschaften als jener hat, besitzt keine unabhängige Existenz, die ethische Entscheidungen fällen könnte. Es ist bestenfalls ein Uhrwerk, das der Schöpfer aufziehen muß, wenn es funktionieren soll. Daher hat Lucifer den Gotteswillen, der nach Weltschöpfung trachtete, wohl am besten verstanden und am getreuesten ausgeführt, indem er sich gegen Gott empörte und damit zum Prinzip einer Kreatur wurde, welche Gott als etwas Anderswollendes gegenübertrat. Weil Gott dies wollte, so hat er, laut Genesis 3, das Anderswollenkönnen in den Menschen gelegt. Wäre dem nicht so, so hätte er nichts anderes als eine Maschine geschaffen; dann wäre die Inkarnation und Welterlösung gar nie in Frage gekommen, und auch die Dreieinigkeit hätte sich nie geoffenbart, denn alles wäre immer nur das Eine gewesen.”
Über die Erklärung des Bösen bei Kant: “Denn der Wille, und nur der Wille und kein weiter hinzukommender Faktor, gibt die vollständige Erklärung für das Böse her. Weil der Mensch auf seine eigene Art will, ist er, wie er ist – böse oder gut – und weil er ist, wie er ist – nämlich ein Willenswesen – , will er auf seine eigene Art.”
Freilich bieten weder Jung noch Kant eine wahre Erklärung für jenes ‘andere’ Prinzip, denn es wird die Frage ausgespart, warum eine absolute Allmacht sich überhaupt entäußern sollte, denn jede Motivation hierzu minderte sein Wesen schon in seinem Anspruch auf ewige Absolutheit. Zudem könnte man bei C.G. Jung erwidern, die Anlage zum Widerstreit könne man ebenso als eine maschinelle Funktion begreifen, die den Menschen eben zu dementsprechendem Handeln und Entscheiden zwinge. Das Anders-Sein indes wird und bleibt so auch Aspekt des Einen, wenn man voraussetzt, daß dies es hervorbrachte- ein Widerspruch zum Gedanken der bedürfnislosen In-Sich-heit. Nun will bei Kant der Mensch wie Lucifer bei Jung ein Anderes entäußern, das Gottes Wesen (der Einheit eines in Sich Halten Wollens) überkommt, und wäre dies ein wahrhaft freier Akt, überstiege dieser die Möglichkeit und Intention Gottes. Somit wäre jede Separation, Verwirklichung, Emanation ‘außerhalb’ an sich schon Widerspruch zum Einen, weiter betrachtet gar böse, indem es dem Wesen Gottes nicht entsprechen will (dieses ist endlos gut), und würde es entsprechen, würde es nie zur Trennung drängen (oder aber: Will Gott entäußern, kann der Mensch es gerade auch und nähert sich so Gottes Intentionen an. Der Mensch als ein Spiegelbild Gottes einer Entität in Distraktion.) Doch nicht die Perpetuierung der Art führt auf den Weg der Einheit, auf das sich aller Wille richtet, sondern im Gegenteil ihre Aufhebung in der geistigen, feinstofflichen Verwirklichung. Und durch die Grundanlage des Guten in allem Singular liegt dies eben in der Möglichkeit der abgetrennten Bewußtseine.