Einheit, Vielheit, ägyptische Symbolik

“Schon die alten Ägypter sehnten sich nach einer Welt des Friedens, in die sie nach dem Tod einzugehen hofften. Wenn im ägyptischen Totenbuch zudem von einem lichterfüllten Jenseits die Rede ist, so muß man dies zunächst mit der Person des Sonnengottes Ra in Verbindung bringen. Wie Himmelsleitern strecken sich die Pyramiden dem erleuchteten Firmament entgegen. Die Sonne ist es auch, die durch ihre wachstumsfördernden Strahlen sowie als Gegenstück zur finsteren Nacht als Symbol für das Leben gelten kann.
In diesem Zusammenhang könnten allerdings auch Jenseitserfahrungen eine Rolle gespielt haben. So etwa bei der Erwählung des Sonnengottes Ra zur obersten Gottheit. Noch bedeutender erscheint der Versuch von Amenophis IV (1364-1347 v. Chr.), die vorherrschende Göttervielheit durch einen Sonnenmonotheismus zu ersetzen. Seine religiöse Bekehrung bedeutete einen Bruch in der religiösen Tradition Ägyptens und hat bis heute tiefe Spuren hinterlassen. Die Frage, was Echnaton zu seinem Schritt bewogen haben könnte, ist heute aktueller denn je.” (Stefan Högel)

An dieser Stelle möchte ich noch einen anderen, einen empedokleischen Aspekt einfügen, der einen Gedanken der Einheit und Vielheit behandelt, der wiederum eine mögliche Deutung der Symbolik der ägyptischen Pyramide veranschaulicht und hiermit ebenso auf ein höchstes Eines als Bestimmung einer Theologica Negativa verweist:

“Erstlich das eine Urwesen aller Dinge oder die Gottheit wird von Empedokles ganz ebenso angeschaut wie von Parmenides, in dem Bilde der Kugel, als Sphairos.” – “Eine gerundete Kugel, in Ruhe behaglich sich kreisend.”
“Das All ist Empedokles nur die Entwicklung der Gottheit oder des Sphairos aus der Einheit in die Vielheit.”
“Nach Empedokles sind in dem Urwesen, dem Sphairos oder der Gottheit, die vier Elemente, die Urwurzeln und Bestandteile aller Dinge, in völliger Unterschiedlosigkeit und Einheit beisammen kraft der in ihm waltenden Liebe.” (August Gladisch)
Ein Sinnbild hierfür ist die Pyramide mit schwarzer Spitze, in folgender Bedeutung:
“Es geschah ein Auseinandertreten der noch schwarzen Vereinigung.” (August Gladisch)
Gemeint ist hiermit ein Austreten der Vereinigung in die Quaternität der vier (angenommenen) Elemente.
Hierzu Joseph Passalacqua : “(So)…hat mich vollkommen überzeugt, daß die Grundidee der empedokleischen Schöpfungstheorie in der Tat genau auch die der alten Ägypter war, und daß die unwiderleglichen Zeugnisse jener Denkmäler die Bedeutung der Pyramide, wonach sie das Auseinandergehen des Urwesens aus der Einheit in die Vierheit der Elemente und das Zurückgehen aus der Vierheit der Elemente in die Einheit versinnlichen soll…vollkommen bestätigt.”