Erscheinungswelt

“Endliches wird niemals Unendliches erfassen. Obschon die psychische Erscheinungswelt nur ein Teil der Welt überhaupt ist, so könnte es einem doch scheinen, als ob sie darum eben als Teil faßbarer wäre als die ganze Welt. Man macht sich dabei aber nicht klar, daß die Seele die einzige unmittelbare Welterscheinung und daher auch die unerlässliche Bedingung einer allgemeinen Welterfahrung ist. Die einzigen unmittelbar erfahrbaren Dinge der Welt sind die Inhalte des Bewußtseins.” (C.G. Jung)

Und Vladimir Solowjew hier passend über die kantianische Sicht: “Die Erkenntnis ist darum möglich, weil wir keine Dinge an sich erkennen, sondern deren Erscheinung in unserem Bewußtsein, die nicht durch etwas Äußeres, sondern durch die Formen und Kategorien unserer eigenen geistigen Tätigkeit bedingt ist.”
Dies heißt also nun, daß alle aposteriorische Erkenntnis nur ein relatives Sehen meint, dies zudem mit ausgeprägt selbstreferentiellem Einschlag: das Bewußtsein als Momentum der Seele schafft sich zuletzt auch seine (zu erkennenden, zu beschreibenden) Inhalte selbst. Der Anstoß hierzu aber liegt außerhalb des personalen Seelischen, wie das Unbewußte selbst einen apriorischen Aspekt des Selbst darstellt, das in seiner Tiefe eine Kontinuität zum Geistigen impliziert. In dieser Hinsicht wundert nicht, daß unsere im Äußeren belassenen Versuche der Objektivierung diesen Gesichtskreis nicht verlassen können. Die objektive Welt ist tatsächlich erst Ergebnis der Reflexivität des Seelischen, das Welt so schafft, daß wir in die Lage versetzt sind, sie zu betrachten. Insofen läßt sich von raumzeitlicher Warte gar keine echte Außenansicht der Realität herstellen. Daher sagt auch Werner Heisenberg zurecht:
“Die objektive Welt der Naturwissenschaft des vorigen Jahrhunderts war, wie wir jetzt wissen, ein idealer Grenzbegriff, aber nicht die Wirklichkeit.”