Das wahrhaftige Leben

Fichte sagt: “Das wahrhaftige Leben lebet in dem Unveränderlichen; es ist daher weder eines Abbruches noch eines Zuwachses fähig, eben so wenig als das Unveränderliche selber, in welchem es lebet, eines solchen Abbruches oder Zuwachses fähig ist. Es ist in jedem Augenblicke ganz ; – das höchste Leben, welches überhaupt möglich ist, – und bleibt notwendig in aller Ewigkeit, was er in jedem Augenblick ist. Das Scheinleben lebet nur in dem veränderlichen, und bleibet darum in keinen zwei sich folgenden Augenblicken sich selber gleich; jeder künftige Moment verschlinget und verzehrt den vorhergegangenen; und so wird das Scheinleben zu einem ununterbrochenen Sterben, und lebt nur sterbend, und im Sterben.”

Der Zuwachs ist im Ermöglichen und Verstetigen des Unveränderlichen. Das meint den Begriff der Ganzheit (im Sinne auch einer Heilung, durchaus einer Heilung vom Sterben): Das künstlich und veränderliche, außen Erworbene abzugleichen oder anzunähern mit dem Wahren und Zeitlosen – das von Innen her ist – oder es ganz abzulegen, abzuscheiden, weil es dem Ganzen nicht zukommt und entsprechen mag, sondern in die andere, falsche Richtung schaut (was heißt, daß die Seele die ihr übergegliederten Inhalte in ein Weltsein expliziert). Dies heißt auch, daß das wahre – oder ewige – Leben nicht als zeitlich disponiert und zukünftig zu erreichen gedacht werden soll, sondern vielmehr eine unendliche Immanenz bedacht werden muß, die als ein Immer-Hier-Sein ist, und daher nur dieses eine Sein (das Sein selbst) bleibt und als das avisiert werden soll, das hinter allem steht und in alles hineinscheint, und das in seinem Hiersein und ‘seinem Schein’ zu intensivieren ist in dem Sinne, daß man seine ‘Geographie’ erkennt und ausfüllt – dies auch in seiner Vielheit. Das heißt im Konkreten, daß eine stetig-immanente Überschreitung zu tätigen ist – nämlich des begrenzenden Alltag-Seins zu einem Sein, das über die ganze Inkarnation hinaus nach dem Kernstück der Person schaut, das eben jenseits des Wandels und Sterbens residierend die Eigentlichkeit und ontische Gesteigertheit eines ganz erhöhten, dem Diesseits erst unbekannten, nur weit verwandten Daseins meint.