Meister Eckhart sagt: “Dort (oben) strahlt Gott in ein unverdeckbares Licht. Wer so kräftig umfangen wäre in diesem Licht, der wäre um soviel edler gegenüber einem andern Menschen wie ein lebender Mensch gegenüber einem, der (nur) an die Wand gemalt wäre. Dieses Licht ist so kräftig, daß es in sich nicht nur der Zeit und des Raumes beraubt ist; es beraubt vielmehr das, worauf es sich gießt, der Zeit und des Raumes und aller dinglichen Bilder und alles dessen, was fremd ist. Ich habe schon öfters gesagt: Wäre weder Zeit noch Raum noch sonst etwas, so wäre alles ein Sein. Wer so eins wäre und sich in den Grund der Demütigkeit niederwürfe, der würde dort von Gnade übergossen.”
Eckarts Bild vom Licht korreliert freilich mit dem Licht, das immer wieder in Nahtoderfahrungen geschildert wird. So ist diese Ansicht durchaus ganz wörtlich zu nehmen. Daß es den Menschen des Fremden beraubt, heißt, daß das Licht umfasst und aufnimmt, daß es die Totalität ist, die zu sich selbst kommend, den Mensch in sich hineinzieht, oder daß die Seele des Menschen es in sich einläßt, so er es fassen kann wie ein Gefäß einer Substanz von ihm, um eins zu werden mit ihm. Dies ist hier gemeint mit dem Begriff der Gnade: Die Erkenntnis und die rechte Haltung hierüber – als Einfügung in das tägliche Leben – erwirkt den Prozeß eines Aufwärtskommens für denjenigen, der sich selbst in dieses (auflösende) Licht zur Gleichwerdung in Gleichzeitigkeit und Zusammenheit gestellt hat.
In solchem Kontext kann Angelus Silesius guten Gewissens sagen: “Ich bin der Tempel Gottes und meines Herzens Schrein
Ist’s Allerheiligste, wann er ist leer und rein.”