Empfindungsgemeinschaft


Plotin: “Wir müssen aufgrund von Tatsachen folgern, daß wir miteinander Empfindungsgemeinschaft haben. Wir empfinden ja beim bloßen Sehen Schmerz mit oder werden zum Entzücken angeregt und von Natur zur Freundschaft hingezogen; denn offenbar ist die Freundesliebe durch diese allgemeine Empfindungsgemeinschaft bedingt. Und wenn Beschwörungen und überhaupt Magie die Menschen zusammenbringt und sie aus der Ferne mitempfinden läßt, so ist das doch unbedingt nur durch die Einheit der Allseele möglich. Auch ein leise gesprochenes Wort wirkt manchmal in die Ferne und findet Gehör bei einem Wesen das wer weiß wie weit entfernt ist. Aus alledem kann man die Einheit aller Dinge ersehen, die darauf beruht, daß die Seele eine ist.”
Die materielle Sicht birgt den weltanschaulichen Irrtum, die Empathie oder Bereitschaft zum Schmerz und Mitleiden läge begründet auf der eigenen biographischen Erfahrung und es erfolge von hier eine Übertragung oder Projektion auf die anderen Verhältnisse (über die sich per se aber sachlich keine echte Aussage treffen ließe). Tatsächlich aber weist Plotin hier weiter: Die Seele ist allwissend, allfühlend und allverstehend. Die Einzelseele steht graduell ihrer Reife oder Größe nach in dieser Befähigung (der ganzen, der Weltseele).
Schopenhauer sagt: “…daß es außer der äußern den nexum physicum begründenden Verbindung zwischen den Erscheinungen dieser Welt noch eine andere, durch das Wesen an sich aller Dinge gehende geben müsse, gleichsam einer unterirdischen Verbindung, vermöge welcher von einem Punkt der Erscheinung aus unmittelbar auf jeden andern gewirkt werden könne durch einen nexum metaphysicum; daß demnach ein Wirken auf die Dinge von innen statt des gewöhnlichen von außen, ein Wirken der Erscheinung auf die Erscheinung vermöge des Wesens an sich, welches in allen Erscheinungen eines und dasselbe ist, möglich sein müsse; daß, wie wir kausal als natura naturata wirken, wir auch wohl eines Wirkens als natura naturans fähig sein und für den Augenblick den Mikrokosmos als Makrokosmos geltend machen könnten…’
Es ist hier kein Widerspruch, dies ursächlich als erfahrungsbedingt vorauszusetzen oder aber von einer Intrinsik der allgemeinen Überzeugung auszugehen,- wie Schopenhauer dies tut- die sich als Willen manisfestiere, denn beides fußt auf Unmittelbarkeit und Unverückbarkeit des tiefsten Wissens und Seins.