Im Hier im Prozeß

Plotin: “Wenn einer unter Beihilfe des Nichtseienden geworden ist, so ist er nicht Ganzer, sondern erst dann, wenn er das Nichtseiende forttut. Du wirst dich also größer machen, wenn du das andere forttust, und durch dieses Forttun ist dir das Ganze da; wenn nun dir durch dies Forttun das Ganze da ist, aber wenn du mit Anderem verbunden bist, das Ganze nicht erscheint, so kann es nicht, um beizuwohnen, sondern du bist fortgegangen, wann es nicht da ist; und wenn du fortgingst, so gingst du auch dann nicht von ihm fort – denn es ist zugegen – sondern du bist da und hast dich nur nach rückwärts umgedreht. So erscheinen auch die übrigen Götter oftmals, obgleich viele zugegen sind, doch nur einem, weil dieser eine als einziger sie zu sehen vermag. Indesssen, von diesen Göttern gilt, daß sie ‘wenden den Städten sich zu in mancher Verkleidung’. Zu jenem Gott aber wenden die Städte sich hin und die ganze Erde und der ganze Himmel, zu ihm, der überall bei sich und in sich verharrt, mit dem verknüpft sind alle wahrhaft seienden Dinge bis herab zur Seele und zum Leben und der ins Unendliche schreitet kraft größeloser Unendlichkeit.”

Dieser ‘Gott’ meint zuletzt die Ganzheit, die nun alles in sich birgt. Was aber heißt dann das Nichtseiende, wie soll dies noch außerhalb des einzigen sein, was überhaupt existent ist? Dieses ist Zutat aus der Materie (die auch im Seienden ist), die intentional aber nicht dem Aufstieg dient, sondern das Immanente in die Entfernung zerstreut.
Zerstreuung ist auch ein Absteigen in die Ichheit, die durch partielles, isoliertes Schauen die Objekte im Hiersein halten will. Dies aber kann nur ein intentionaler Akt des Höheren leisten, der erst das objektivierte und objektivierende Organum hervorbringt. Will man aber nun vom Organum aus tätig zurückfinden zum Subjekt, so wirkt man zurück auf die Intentionen des höheren Selbst in der noussphärischen Ebene. Daher auch kann Fichte sagen: “Das hiesige Denken und Tätigsein wirkt im Geistigen und wird bestimmend für alle Entwicklung. Ich ergreife durch jenen Entschluß die Ewigkeit und streife das Leben im Staube und alle anderen sinnlichen Leben, die mir noch bevorstehen können, ab, und versetze mich hoch über sie. Ich werde mir selbst zur einzigen Quelle alles meines Seins und meiner Erscheinungen.”

Und Volkmann-Schluck über den Neuplatonismus: “Das Wesen der Seele ist selbst vom Charakter dieser Gestaltungsformen, die Äußerungen ihrer Selbstbetätigung sind. Sie ist die Potenz der Formkräfte, nicht als sich besonderes Allgemeines, sondern als dynamische Einheit, welche die Möglichkeit einer Mannigfaltigkeit von Wirkungen und Tätigkeitsrichtungen in sich trägt.”
Wird der Mensch ‘seelisch bewußt’, steht er schon im Hier ganz in diesem Prozeß, der die Seelenaktivität auf die höhere Seinsart im Geist auszurichten befähigt ist.