Fleischverzicht, Katharismus und Neuplatonismus

“Plato und seine Schule nehmen die pythagoreische Lehre von der Gleichheit der Menschen-und Tierseele an, denn sie statuieren die Seelenwanderung uneingeschränkt in Tier und Menschenform.”
(Detlef Weigt)

Dieser Gedanke setzt sich bis heute bei Neokatharern  wie den  Rosenkreuzern, die ebenfalls vegetarisch leben, fort: Die Rosenkreuzer stehen in der Tradition der Bogomilen und Katharer, die wiederum aus platonischen, gnostischen und christlichen Strömungen des byzantinischen Raumes, aus den Paulikianern, Markonniten und Manichäern hervorgingen. Auch sie kennen den Gedanken der Seelenwanderung: Sie gehen davon aus, daß “das Fleisch bei dem mythischen Kampf der agbefallenen Engel entstanden ist , in dem unerlöste Menschenseelen ein tierisches Dasein abbüßen. Man darf diejenigen Tiere nicht töten, durch die etwa gefallene Engel wandern könnten. Nicht die Heiligkeit des Lebens, sondern das katharische Dogma bestimmt und begrenzt die Durchführung dieses Gebotes. “…
“Die Welt und alles in ihr ist aus Satan hervorgebracht. Wer sich der Welt nicht unterwirft, zeigt damit, daß er nicht aus ihr und nicht aus dem Satan ist. “
(A. Borst)
Das heißt für das katharische Dogma: Die absolute Verachtung und Zurückweisung Satans, bzw. alles Satanischen (= Weltlichen/Geschaffenen ), somit Weltverachtung mit dem Ziel der unbedingten Weltüberwindung. (…Ich-Zerbrechung Endura, bis hin zum Todesfasten)
Während die Platoniker von einer Fragmentierung der (einzigen)Weltseele in den Fall der verschiedenen körperlichen Inkarnationsformen in Mensch und Tier ausgehen und dabei die prinzipielle Wesensgleichheit der Seele mit dem Einen, das gleichzeitig das Gute ist, annehmen und daraus also unmittelbar der Gedanke und das Erleben der Empathie resultiert, steht für den Katharer/Rosenkreuzer am Ende der Weltüberwindung der Ausgang aus dem dualistischen System in eine “ethisch neutrale Notwendigkleit als letztes Prinzip” (A. Borst) bevor. Daher erscheint -anders als bei den Platonikern- den Rosenkreuzern auch jede Form der Empathie als unzulässige Bewegung des Gemüts innerhalb dieses Dualismus und somit als defizitäres Zeichen der Befangenheit in diesem.