Wladimir Solowjew:
“Der Dämon, dessen Existenz Sokrates für eine empirische Tatsache erklärte, wurde bei seinen Schülern wieder zum Gegenstand theoretischer Anschauungen. Platon behauptete einerseits im Timaios, daß jeder weise und tugendhafte Mensch, gleich ob er lebe oder tot sei, in sich etwas Dämonisches habe und daß er deshalb mit Recht Dämon genannt werden könne; andererseits spricht er im Phaidros, im Staat, im Phaidon und Gorgias davon, daß jeder Mensch einen Dämon nach seiner eigenen Wahl als Führer erhalte, der sich im übrigen von der geführten Seele nicht durch seine Natur, sondern nur durch den erreichten Grad der Vollkommenheit unterscheide. Platon glaubt nämlich an eine komplizierte Hierarchie geistiger Wesen, angefangen von den einfachen Seelen der Vorfahren oder den Hausdämonen bis hin zu den Göttern des Himmels, die das einzige höchste Gut unmittelbar betrachten. In dieser platonischen Anschauung (die von den Neuplatonikern systematisch ausgearbeitet wurde) besteht der grundliegende Unterschied nicht zwischen Göttern und Dämonen (dieser Unterschied ist hier nebensächlich), sondern zwischen der alleinigen absoluten Gottheit und einer Vielheit von relativen geistigen Wesen vermischter Natur, die mehr oder minder Anteil an der Gottheit haben.”
Die monistische und ‘spiritistische’ Sicht schließen sich nicht aus, sondern ergänzen sich im Blick auf die Hierachisierung und Teilhabe der verwobenen Seinsbereiche. In der Tat wird hier ganz richtig die Wesenschaft der geistigen Hypostase angesprochen, in dem Sinne, daß sie – je höher entwickelt, desto geistiger, feinstofflicher (uns unsichtbarer) ist und sich zugleich – zunehmend zum Einen (Höchsten) orientierend – entsprechend wesenhaft angleicht und verbindet. Erkennen wir aber eine Manifestation in Form verschiedener beschriebener Entität, ganz nebensächlich welcher Erscheinungart und welcher Prägung durch eine Epoche und Kultur, so kann man sagen, daß es der menschliche Erfahrungs-und Erwartungsradius, vor allem aber auch sein körperinduzierter Sinneshorizont ist, der eben die genaue Art dieser Erscheinung bedingt. Nicht auszuschließen indes ist auch die aktive manifeste Anpassung durch höhere Wesenheiten auf unsere aktuale Verständnismöglichkeit. Für den Aufstieg in der Hierarchie der Explikationen ist zu sagen, daß diese Entitäten darüberhinaus in unserem linearen Zeit-Verständnis – so sie entwickelter sind – als zukünftig zu betrachten sind. Platons “Lernen ist Erinnern” fügt sich hier ein wie folgt: Die Wiedergewinnung der hohen Herkunft meint weltgeschichtlich den Gang der Progression (in der Zeit). Daher auch oftmals die Schilderung der Begegnung außerweltlicher Entitäten bzw. die Schilderung des Eintrittes in eine höhere Dimensionalität in den Attributierungen fortschrittlicher Zivilisation, wie etwa bei Orfeo Angelucci.