Scherbenökumene

Im Rahmen der Kolumbus -Ausstellung in Chicago, zur Feier des 400.Jahrestages der Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus, fand im September 1893 eine einzigartige Veranstaltung statt. Es war das Weltparlament der Religionen. Rick Fields, ein führender amerikanischer Autor auf dem Gebiet des Buddhismus, berichtet: „Um diese Ausstellung unterbringen zu können, hatte man entlang der Ufer des Michigansees eine ganze Stadt aufgebaut. Die schimmernden Paläste der „weißen Stadt“ erinnerten an die großen Reiche der Antike – Griechenland, Rom, Ägypten, das Italien der Renaissance… Die Reaktion auf die mehr als 10.000 Einladungen, die die Organisatoren in die Welt hinausgeschickt hatten, überwältigte sogar die optimistischsten unter ihnen.
Bei der Eröffnung des Weltparlamentes der Religionen sagte der Vorsitzende, Dr. John Henry Barrows: „Wie das weiße Himmelslicht, ist auch die Religion durch die Prismen der Menschen in viele farbige Fragmente zerlegt worden. Eines der Ziele des Parlamentes der Religionen ist, das vierfarbige Strahlenbündel wieder in das weiße Licht himmlischer Wahrheit zurückzuverwandeln.“
Und also der heutige Fehler: Man bleibt beim Gebrochenen und möchte die Bruchstücke (wenn überhaupt) gleichwertig aneinanderlegen. Aber Farbe bedeutet hier Verunreinigung. Die einzig wahrhaftige Aufgabe einer Welt-Ökumene wäre nämlich die Überwindung jeder Brechung, jeder spirituellen, theologischen, erkenntnistheoretischen Reduktion, um das Beschädigte „wieder“ (eher:erstmalig) herzustellen. Und das „Ganze“ als Summe der Scherben hebt den Anspruch der einzelnen Scherbe, für sich selber komplett zu sein, auf.