“Das Problem mit dem holistischen Argument ist, daß der Satz, der Mensch sei Teil der Natur, notorisch vieldeutig ist. Wenn er z.B. nur bedeuten soll, daß der Mensch für sein Überleben und sein gutes Leben von der Natur abhängt, dann ist er sicher richtig, aber er begründet dann keinen moralischen Eigenwert der Natur, sondern nur einen anthropozentrisch motivierten Naturschutz. Wenn der Satz hingegen bedeuten soll, daß, wie in einem Symphonieorchester, das Florieren der Teile im Florieren des Ganzen besteht, dann drückt er angesichts von Aids-Viren, Sturmfluten, Eiszeiten etc. einen falschen Harmonismus aus und ist daher abzulehnen. Will der Satz schließlich die ontologische Unterscheidung zwischen Mensch und Natur aufheben, weil alles ist, was ist, nichts ist als ein Knoten im biotischen System oder ein Energiebündel im kosmischen Tanz der Energie, dann sind an die lebensweltlich doch sinnvollen Unterscheidungen zwischen Wesen, die fühlen können, handeln können, Verantwortung tragen können, und solchen, die dies nicht können, zu erinnern. Wie würde unser Leben aussehen, wenn wir ohne solche Unterscheidungen auskommen müßten?” (Angelika Krebs)
Nun zeigt sich Verbundenheit im Weltlichen und Zeitlichen gerade nicht als existente Harmonie. Gerade in der Abkünftigkeit des Einen zum Vielen, eben des (mit sich selbst) im Wettbewerb und Widerstreit Liegenden wird die Einheit in ihrer Negation ja durchaus deutlich gemacht (oder anders gesagt: sie wird deutlich bzw. als diese spürbar verletzt), eben indem man hierüber fühlt und wahrnimmt. Im tieferen scheint also immer die Annahme über ein Zusammengebundensein wirksam, die ein Streben nach einem heilen und ganzen Zustand fordert oder schlichtweg bedingt. Anders könnte man schließlich gar nicht das Nicht-Zusammenführende bemängeln wollen. Insofern ist in aller Distraktion (vielleicht gerade in dieser) zugleich Bewußtsein und somit Impetus zur Besserung und Harmonisierung und Zusammenziehung.
Freilich ist das Auseinanderfallende zuletzt insofern Trug, als es Bild ist, es desintegrative Ansicht zum eigentlich inexistenten Objekt meint, insofern Parabel ist. Und als Zusatz: Die Fokussierung des Heilsbegehrs auf einen Gott kommt einer Metaphysierung dieser Verwerfung gleich und gebiert gerade in der Rückwirkung auf die Welt umso tiefergreifende Disharmonie und Entfernung.
Plotin: “…das Ganze als eine Wesenheit, die durch unsere Gedanken zerteilt wird, während es selbst infolge einer wunderbaren Kraft Eines in Allem ist und als Vieles erscheint und zu Vielem wird, wenn es sich gleichsam bewegt, und die Vielfalt der Wirklichkeit macht, daß das Eine nicht Eines ist. Wir heben gleichsam Teile von ihm heraus, setzen sie je als besondere Einheit an und nennen sie Gattung, ohne zu wissen, daß wir nicht das Ganze zugleich erblickt haben, sondern nur einen Teil herausheben und die Teile dann wieder verknüpfen, da wir sie nicht lange Zeit festhalten können; denn sie streben zu sich selbst zurück. Deshalb entlassen wir sie wieder in das Ganze und lassen sie Eines werden, vielmehr Eines sein.”
Fichte: “Es gibt diese Spaltung, nicht eine Einteilung in Objekte, sondern nur eine Einteilung, Verschiedenheit und Mannigfaltigkeit, in der Ansicht des Objekts.”
In der Spaltung ist falsche Blickrichtung, Entfernung und Defizienz. Die Einheit weicht in der Explikation zunehmend einem Disharmonismus, und in der Überwindung der Unterscheidung, indem man gerade ‘Bewußtsein’ im Kern unteilbar in allem wirksam sieht, wird erst Harmonie.
“Der Holismus vertritt die Auffassung, dass ein System nicht vollständig aus dem Zusammenwirken aller seiner Einzelteile verstanden werden kann, und dass die Bestimmung der Einzelteile von ihrer funktionalen Rolle im Ganzen abhängig ist. Entgegengesetzte Positionen sind Reduktionismus und Atomismus.” (Wikipedia)
Und was eben die Summe übersteigt ist das Eine, die über alle Bestimmung und Summierung hinausliegende Einheit.