Meister Eckhart und Gnade

Meister Eckhart sagt: “Gnade wirkt nicht. Wo das Feuer in seiner (Feuers-) Natur ist, da schadet es nicht noch setzt es in Brand. Die Hitze des Feuers, die entzündet hienieden. Und selbst die Hitze, wo sie in der Feuersnatur steckt, da brennt sie nicht und ist unschädlich. Ja da, wo die Hitze im Feuer steckt, da ist sie der rechten Natur des Feuers so fern, wie der Himmel von der Erde ist. Gnade wirkt kein Werk, sie ist zu sublim dazu; Wirken liegt ihr so fern, wie der Himmel von der Erde ist. Ein Innesein und ein Anhaften und ein Vereinen mit Gott, das ist Gnade, und da ist Gott mit dir, denn das folgt unmittelbar danach: ‘Gott mit dir’ – da geschieht die Geburt. Es darf niemanden unmöglich dünken, hierzu zu kommen.”

Dieser letzte Satz aber verweist auf die Möglichkeit zur Gnaden-Ermächtigung.  Gnade als Gunst, Huld, Wohlwollen und Fürsorge durch ein außerhalb mir selber stehendes Ens kann innerhalb eines echten Monismus nicht gedacht werden. Nur dann kann die Huld außerhalb des Selbst sein, indem dieses im Dissens zu seinem eigenen Wesen steht – dieser Dissens spiegelt oder bestätigt sich ja gerade in der Objekt-Bildung, die bis zur Personalisierung des höheren Ens in der Körpergrenze reicht. Das Innesein und Vereinen, das ist zwar vom isolierten Ich aus zu erbringen. Es zeigt dann eine ontische Entwicklung, die ganz vom Eigensein des Individuums wegführt zum All-Sein der ewigen und einzigen Existenz oder Überexistenz, die in ihrer ganzen Verwirklichung zuletzt ein anderes Wort für Gott ist. Dies aber impliziert: Gnade kann nur erwirkt werden durch eigene Denkbewegung, Öffnung, Blickrichtung, Tätigkeit. Gnade herrscht dort, wo das Einzelne zum Einen sich annähert. Gnade ist Sein zum und im Einen im Genuß der Wirkmacht seiner ihm ureigensten Größe.