Analogon des Demiurgischen

Werner Beierwaltes zum Neuplatonismus: “Der Künstler ganz allgemein wird im Kontext des Organismus-Gedankens zum mikrokosmischen Analogon des göttlichen Demiurgen, der den Makrokosmos als sichtbares Bild des ‘Lebewesens-Selbst’, d.h. der Ideen, oder – gemäß späterer Konzeption – als Bild seiner Selbst herstellt.”

Der Künstler ist dies insofern er aus seiner Position heraus schöpft und dabei mindert – in eine Reduktion, die sich unter ihm herausbildet in einem nun unbelebten Bild – da er selber schon an der untersten Grenze der Belebtheit ‘Platz genommen’ hat. Auch (belebte) Welt selbst als Abbild ist Minderung stufenhafter Art, ist dabei von höherer demiurgischer Tat und schließt daher im Bildhaften Lebendiges ein, bleibt aber doch – in der Stofflichkeit eben – lebensschwach. Dies könnte zur Erklärung über den unbedingten – metaphysischen – Willen als demiurgische Intention zum Art-Erhalt dienen: Die (Lebens-)Schwäche bedarf einer andauernden Kompensation, daher muß sich die Form durch ständige Weiter- Zeugung (durch Reproduktion) als Bild in der Existenz halten, aus sich heraus kann sich die gegebene Lebenskraft (das mana) als ein singuläres, einziges Verwirklichtsein im Massereichen, im Materiellen nicht halten. Schopenhauer sagt: “Die Natur, deren inneres Wesen der Wille zum Leben selbst ist, treibt mit aller ihrer Kraft den Menschen wie das Tier zur Fortpflanzung. Danach hat sie mit dem Individuum ihren Zweck erreicht und ist ganz gleichgültig gegen dessen Untergang, da ihr als dem Willen zum Leben nur an der Erhaltung der Gattung gelegen, das Individuum ihr nichts ist.”
Das Bild oder Werk des Künstlers indes vergeht mit der Haltbarkeit der Materie, die für seine Form benötigt ist, da sie keine eigene Lebenskraft innehat. Durch Abschrift und Kopie allerdings behält es potentiell sein Antlitz und entkoppelt sich ebenfalls in gewisser Weise der Zeitlichkeit, was ihm aber nicht aus sich heraus garantiert ist, sondern was vielmehr äußerer (reproduktiver) Hinwendung bedarf, die somit immer unbelebte, in sich instabile Nachbildung von Unbelebtem meint.
Was hingegen demiurgisch- wirkmächtig ist, Lebenskraft selbst in das Werk abzugeben, das gibt sich in ganz anderer Art in etwas hinein, das gibt sich eben wesenhaft selbst, der Künstler hingegen vermag nur Vermitteltes hervorzubringen, Abgeleitetetes, was zwar dem Ingenium entsprechend einer Weitergabe noussphärischer Intentionen und Anlagen zum sichtbaren Objekt entsprechen kann; der Künstler kann dabei aber nicht unmittelbar aus dem Nous entnehmen, er kann lediglich von ihm künden – das heißt, er unternimmt eine reduktive, vermittelnde Tätigkeit, die im Unterschied zur demiurgischen Schöpfung nicht ontisch Eigenhaftes, ‘Autarkes’ gebären kann, denn die Verbindung oder Kontinuität des mana ist dort, wo der Mensch steht, im Emanationsprozess der Hypostasten an ihr Ende gekommen.