Betrachtet man die aktuelle politische Lage und die Positionierung der Kirche zu den Herausforderungen, die sich durch konkurrierende und raumfordernde theistische Konzepte zunehmend aufdrängen, läßt sich hierfür grundlegend die Beschreibung der christlichen Haltung (die letztlich aufhört, Haltung zu sein) durch Nietzsche heranziehen (freilich unter der Ausblendung der Geschichte der politischen kriegerischen Implikation der christlichen Mission). Eine wahrlich treffende Erklärung zum kirchlichen Appeasement:
(Karl Jaspers über Nietzsche)
“Für das Tun des Seligen ist das Charakteristische : er geht an der Welt vorüber, oder er geht unbetroffen durch die Welt hindurch. Machen wir die Consequenzen dieser Grundhaltung klar, wie Nietzsche sie entwickelt: Es gilt einerseits: nirgends Widerstand leisten. Nichts wird verneint, alles wird bejaht. Solche Haltung nennt Jesus Liebe. Sein ‘Leben in der Liebe ohne Auschluß, ohne Distanz.’ bedeutet, daß ihm alles gleicherweise nah ist: er macht ‘keinen Unterschied zwischen Juden und Nichtjuden’. Diese Liebe ist wahllos zu jedem Nächsten bloß als zu diesem grade Gegenwärtigen Anwesenden. Sie ‘schätzt niemanden gering’. Doch dieses Nichtwiderstehn der Liebe beschränkt sich nicht auf das Übersehen aller Unterschiede. Der Christ kämpft nicht, auch nicht, wenn sein Dasein bedroht ist. ‘Ein solcher Glaube zürnt nicht, tadelt nicht, wehrt sich nicht:er bringt nicht das Schwert. Der Christ leistet ‘dem, der böse gegen ihn ist, weder im Wort noch im Herzen Widerstand’ “.