Werner Beierwaltes zum Neuplatonismus, über die Seele im Verhältnis zum Nous: “Diese bringt eine geringere Form von Einheit oder eine Steigerung der Konsequenzen vielheitlichen Seins mit sich: gegenüber dem ‘Ein-Vielen’ (oder der höchstmöglichen Einheit in der Vielheit) ist sie ‘Eines und Vieles’, freilich mit einer in ihr wirkenden Intention auf Einheit. Diese aber bleibt im Gegensatz zu der ‘Leichtigkeit’ des Nous für die Seele schwieriger herzustellen: sie ist auch Einheit, d.h. ihr Denken erreicht gerade in der Mimesis des Ur-Bildes oder nur durch sie auch ein ‘Zugleich-Sein’, die synthetische Einheit des Zu-Denkenden; der Nous aber ist seiner Gedanken (Ideen) ‘immer schon’, für dessen Vollzug von der Sache her gesehen kein zeitlicher oder quasizeitlicher Prozeß suggeriert werden sollte.”
So soll die Seele sich ihrer höheren Verortung nach zu vergewissern lernen, und sie kann dies, indem sie denkerisch und lebenspraktisch Zeitliches und Räumliches durchbricht. Praktisch geschieht dies durch die Formen eines Heraustretens sowie in Gedanken durch die stetige Vergegenwärtigung, daß Raum und Zeit dadurch nur in relativer Art ins Sein gesetzt sind, daß die Seele zu ihrer unteren Potentialität kommend dieserart erst Weltliches geschöpft hat. – Alles lebt und webt durch die Weltseele! – So soll man den Blick ganz umkehren zum Nousspärischen hin, das im Paradox – von weltlicher Warte als nicht Sicht- oder Merkbares erachtet – erst wahre Wirklichkeiten annimmt. Die Seele soll dies Sein als ihr eigentliches Eigensein erkennen und so ganz aus sich selbst heraus (ursächlich) ‘werden’.
Meister Eckhart sagt: “Nun wirf dich ganz unter Gott, so empfängst du göttlichen Einfluß ganz und rein. Wie empfängt die Seele von Gott? Die Seele empfängt Gott nicht in einer Fremdheit noch als unter Gott stehend, denn, was unter einem ist, das hat Fremdheit und Ferne. Die Meister sagen, die Seele empfange wie ein Licht vom Lichte, denn dabei ist weder Fremdheit noch Ferne.”
Man könnte auch über dieses Eigenwerden sagen: Je mehr der Mensch zur Selbstvergegenwärtigung und darin zu schöpferischer Arbeit kommt, desto eher – da das Mimetische als solches durch die der Hiesigkeit immanente Bildlichkeit nicht zurücktreten kann – nimmt es doch zunehmend Intention und Wesen des Nous auf. Da man hier also fortbleibend in der Abbildlichkeit verweilt, sprechen wir mit zunehmender Ausrichtung auf den Nous vom Eidetischen, das sich weltlich als figürlicher Archetypus formt, der so intentional als Übersetzung der Idee zunehmend nahe kommt.
Und passend nach Gadamer käme der Kunst dann erst “die bedeutende symbolische Rolle zu, uns einen Spielraum zu öffnen, in dem sowohl Welt als auch unser Sein im Sinne einer unerschöpflich reichen Totalität beleuchtet werden.” (Peter Watson).