Paradigmen, Symbole

“Allerdings sprechen für die relative Diskontinuität zwischen Paradigmen und die damit verbundene Diskontinuität in den wissenschaftlichen Grundbegriffen eines bestimmten Forschungsgebietes gegen den wissenschaftlichen Realismus und die Vorstellung einer allmählichen Wahrheitsannäherung des wissenschaftlichen Wissens. Die Rolle der durch Paradigmen eingeführten Begriffe sei so zu bestimmen, daß sie eine Strukturierung der Welt leisten, die nicht als eine auch nur approximativ gültige Abbildung realer Strukturen zu verstehen ist. Die Struktur einer als schlechthin menschenunabhängig gedachten Realität sei uns nicht zugänglich; der wissenschaftliche Zugang zur Welt erschließt nicht ihr An-Sich-Sein, sondern nur die Weise, wie sie sich im Lichte historisch variabler Begriffe präsentiert.”
(Paul Hoyningen-Huene)

Ich nehme dennoch eine Entwicklung an, die sich im großen Bogen vollzieht, die sich dabei gerade auch in Irrtümern und Sprüngen entfalten muß und dann Widersprüche eint, eine Entwicklung, die nicht erratisch verläuft, sondern durchaus in dialektischer Weise aufbauend voranschreitet. H.J. Sandkühler über Hegel: “…in dem sich die Natur als die Idee in der Form des Andersseins offenbart, als das Negative ihrer selbst, als ein selbstbezügliches Außer-sich-sein-Können der Idee. Aber im Status ihrer Äußerlichkeit und Andersheit kann sich die Idee in der Natur nur auf jene unangemessene Weise manifestieren, die sie überwinden muß, um als Geist zu sich selbst zu kommen.”
Was heißt dies nun für unser Weltverständnis, das auf sich ablösende Strukturbildungen aufbaut?
Weltsicht vollzieht sich demnach in änderbaren Bildern, Symbolismen und Modellen, die durchaus konstruktiven Revisionen und Verfeinerungen unterliegen. Die Unangemessenheit der Repräsentanz eines Geistigen in der Natur bleibt damit aber dennoch bestehen, und die Modellbildungen, die über das Vorstellbare hinausweisen können, bergen die Gefahr, daß ihre Symbole (als Beispiel sei das Bohr‘sche Atommodell genannt) derart wörtlich genommen werden, daß sie selber (vorgestellte) Welt als real manifestieren und so hindernd zur Entwicklung, zur Transzendierung der Bilder (zur geistigen Verortung im Sinne eines Höher-Stoflichen) wirken. Zuletzt ist die Übereinkunft zur Welt selbst nur Symbol, Welt ist ein Bild in der uns konstituierenden Sichtbarkeit eines gewissen Entwicklungsstandes des Geistes und wie die Gleichnisse der Wissenschaften eine Art der Mittelung oder starken Vereinfachung von etwas viel Umfassenderen. Auch dies ist zu überwinden und wird ein ganz vergangenes Paradigma hinterlassen, nämlich das von der Realität als dies, was wir als Welt in geminderter Sensorik leben und erleben und heute noch für wahr halten.