Schopenhauer: “Denn vergeblich sucht man bei ihrem Anblick von diesem rastlosen Treiben, diesem ungestümen Drängen ins Dasein, dieser ängstlichen Sorgfalt für die Erhaltung der Gattungen einen Zweck zu entdecken. Die Kräfte und die Zeit der Individuen gehn auf in der Anstrengung für ihren und ihrer Jungen Unterhalt und reichen nur knapp, bisweilen selbst gar nicht dazu aus…. Die ganze Sache so rein objektiv und sogar fremd ins Auge gefaßt, sieht es gerade so aus, als ob der Natur bloß daran gelegen wäre, daß von allen ihren (Platonischen) Ideen, d.i. permanenten Formen keine verloren gehen möge: danach hätte sie in der glücklichen Erfindung und Aneinanderfügung dieser Ideen sich selber so gänzlich genug getan, daß jetzt ihre einzige Besorgnis wäre, es könne irgendeiner dieser schönen Einfälle verlorengehn, d.i. irgendeine jener Formen könne aus der Zeit und Kausalreihe verschwinden.”
Wenn man annehmen mag, daß Form und Bild indes nicht alleine ästhetischer Natur und Nützlichkeit sind und schon gar nicht das Werk einer tricksterhaft launischen Finte allein, eines Betrugs gar kosmischen Ausmaßes, dann könnte man das ‘Weltsein’ etwa als eine Parabel über die verbildlichende höhere Kraft im Materiellen und ihrer hieran notwendig gekoppelten Defizienz im Sinne einer nicht verlustfreien Möglichkeit zur Erhaltung der Form und ihrer zugehörigen Zeitlichkeit bzw. Endlichkeit darstellen. Die erhaltende Perpetuierung der Anschauung (der logoi) als Materielles/ in das Materielle geht dabei stets auf Kosten der Erhaltung des Stoffes, in dem sie abbildhaft lebt. Dies kann am ehesten mit einem Mangel des Stoffes erklärt werden, der aus sich heraus zwar gar keine echte Evidenz besitzt, und doch an seiner seinsmindernden Art das ursächlich Geistige verlangsamt und -da er selbst nicht lebt und belebend ist – seinem hemmenden Wesen nach das Belebte ‘korrodieren’ läßt. In diesem (vagen) Wissen auch will alles Verstetigte steigen, mit dem letztlichen Gedanken, mit der Zeit alle diesbezügliche Defizienz von sich abzuscheiden. Diese Art der (globalen) Überwindung aber beschreibt ein evolutionäres Utopia, bedingt nämlich eine Revolte gegen den Eidos selbst: Die Überwindung der naturata, der Vielheit respektive ihrer Art und Gattung ist nur dann zu erlangen, wenn sie im Eidetischen weiterwirken kann. Erst die Übersteigung der Idee im Geistigen erlaubt den Rückgang in die Ursächlickeit, die eben keine verbildlichende Intention mehr aufweist, in der also jede Anlage zu potentieller Defizienz und Endlichkeit wegen der verlustvollen Formerhaltung abgelegt und überwunden ist. Die Erhebung über die Gattung und ihren Willen ist zuende gedacht eine Erhebung gegen ihren geistigen Impetus, die eidetische Verursachung.
In diesem Sinne der Gedanke der Mystik: Hier geht es zuletzt um einen Rückzug in das Innere als Sehen seines eigenen Lichts ohne irgendetwas außer ihm, somit um die Nichtung auch der eidetischen Hypostase. Es bleibt dabei prinzipiell ein Mysterium, wie in diesem einzigen Schritt eine ganze Kaskade von unnennbaren Welten uns undurchdringbarer Dichte und Realseins überstiegen – man kann sagen, genichtet – werden kann. Zugleich meint dies ein Gleichnis für eine Totaliät der Flüchtigkeit jedes Manifesten (bzw. manifest Erachteten).
Meister Eckhart sagt.”Darum bitten wir…daß wir die Wahrheit dort erfassen, wo die obersten Engel und die Fliege und die Seele gleich sind, dort wo ich stand und wollte, was ich war, und wart, was ich wollte.”
Und: “Und der ist seliger, der Tausend in Gott erkennt, als der Eines in Gott erkennt. Die Seligkeit aber liegt nicht darin, daß er Tausend in Gott erkennt. Sie liegt darin, daß er weniger mit ihm und außerhalb seiner erkannt hat; und daher erkennt er mehr in ihm, aber nicht Mehreres, denn alle Dinge sind Eines in Gott, und in Gott ist nichts, als was er seinsgemäß ist.”