Stanislav Grof, Synchronizität

Stanislav Grof über das Phänomen der Synchronizität:
“Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einen anderen wichtigen Aspekt holotroper Zustände behandeln, der weitreichende Konsequenzen für unser Verständnis von Zeit und Raum hat. Transpersonale Erfahrungen sind oft von seltsamen sinngemäßen Koinzidenzen begleitet, die sich mit linearer Kausalität nicht erklären lassen. In einem Universum, wie es von der materialistischen Wissenschaft beschrieben wird, sollten alle Ereignisse dem Gesetz von Ursache und Wirkung gehorchen. Koinzidenzen, die sich der kausalen Erklärung widersetzen, werden dann dem Umstand zugeschrieben, daß die fraglichen Phänomene zu komplex und wir nicht über alle daran beteiligten Faktoren im Bilde seien. Wegen all dieser unbekannten ‘verborgenen’ Variablen lasse sich das Endergebnis nur statistisch vorhersagen, nicht in den genauen Einzelheiten, mitunter jedoch ist die statistische Unwahrscheinlichkeit bestimmter Koinzidenzen in unserem Alltagsleben so haushoch, daß wir die Tauglichkeit einer solchen Interpretation in Zweifel ziehen müssen. …

Das Vorkommen so ungewöhnlicher Koinzidenzen läßt sich schwer mit der Auffassung vom Universum vereinbaren, die von der materialistischen Wissenschaft entwickelt wurde. Es ist eher vorstellbar, daß diese Vorfälle einen tieferen Sinn haben und daß sie das spielerische Werk kosmischer Intelligenz sind. Diese Erklärung ist besonders naheliegend, wenn sie, wie so oft der Fall, ein humoristisches Element enthalten.

Derartige Situationen (C.G. Jung, Skarabäus) zeigen, daß unsere Psyche in eine spielerische Interaktion mit der rein materiell erscheinenden Welt treten kann. Die Tatsache, daß so etwas geschehen kann, verwischt die Grenzen zwischen subjektiver und objektiver Wirklichkeit.
Synchronistische Ereignisse sind besonders häufig im Leben von Menschen, die in der Meditation, in psychedelischen Sitzungen, in der Erfahrungspsychotherapie oder in spontanen seelisch-geistigen Krisen in holotrope Bewußtseinsszustände geraten.

Viele Leute haben auch die Erfahrung gemacht, daß bemerkenswerte Synchronizitäten auftreten und ihre Arbeit überraschend leicht machen, wenn sie ein aus den transpersonalen Bereichen der Psyche inspiriertes Verhalten verfolgen. … Wenn wir uns auf einer systematischen inneren Suche befinden, die eine Arbeit mit holotropen Zuständen einschließt, können wir mit ziemlicher Sicherhheit damit rechnen, daß wir es früher oder später mit Synchronizitäten zu tun bekommen. Manchmal werden wir nur gelegentliche einzelne Koinzidenzen bemerken, dann wieder können uns ganze Ketten davon passieren. Je nach ihrem Inhalt können sie sehr erhebend oder bedrückend und beängstigend sein. So oder so können sie uns ernste Probleme im Alltag bereiten, wenn sie überzeugend sind und gehäuft auftreten. Die traditionelle Psychatrie unterscheidet nicht zwischen richtiggehenden Synchronizitäten und einer psychotischen falschen Wahrnehmung der Welt. Da das materialistische Weltbild strikt deterministisch ist und die Möglichkeit sinngemäßer Koinzidenzen nicht akzeptiert, wird jede Andeutung ungewöhnlicher Synchronizitäten in der Darstellung des Klienten automatisch als Beziehungswahn gedeutet, ein Symptom besorgniserregender Geistesgestörtheit. Es steht jedoch außer Frage, daß es echte Synchronizitäten gibt, bei denen jeder, dem die Tatsachen vorliegen, zugeben muß, daß die aufgetretenen Koinzidenzen jenseits jeder denkbaren statistischen Wahrscheinlichkeit sind.”