In rechtem Frieden

Meister Eckhart sagt: “Je höher die Seele über sich selbst emporgezogen ist, umso lauterer und klarer ist sie, um so vollkommener vermag Gott in ihr in seinem eigenen ‘Gleichnis’ sein göttliches Werk zu wirken. Wüchse ein Berg von der Erde zwei Meilen hoch empor und schriebe man darauf in Staub oder in Sand Buchstaben, sie würden ganz bleiben, so daß weder Regen noch Wind sie zerstören könnten. So sollte auch ein wahrhaft geistiger Mensch in einem rechten Frieden ganz und gar unwandelbar in göttlichen Werken emporgehoben sein. Dessen mag sich ein geistiger Mensch wohl schämen, daß er in Betrübnis, in Zorn und in Ärger so leicht dem Wandel unterworfen wird. Ein solcher Mensch ward noch nie recht geistig.”

Man kann hier Eckharts Denken die indische Vorstellung der gunas zur Seite stellen, wie rajas (rajas bedeutet unruhig, gierig, getrieben) und sattva (entspricht Reinheit, Licht, Gleichgewicht, Harmonie, rhythmische Übereinstimmung mit der reinen Existenz).
Aber gemäß dem Diktum, der Mensch sei zwar nicht von dieser Welt, so lebt er doch in ihr und kann und soll – hierüber wird gerade Meister Eckhart deutlich – nicht von ihr fliehen, auch wenn er ihr erhaben ist.
Solange der Mensch also in seiner Lebenswelt ist, so wirkt er auch, so muß er sich durchaus doch beziehen, stellen und bekennen, man kann auch sagen- er steht unweigerlich in Auseinandersetzung, und dies macht ihn angreifbar und streitbar. Es besteht gar die Möglichkeit, daß er aufgrund seiner eigenen Kraft und Klarheit polarisiert, mitunter starke Regung (aus dem rajas) wie Haß oder Neid auf sich zieht. Hierbei soll er in seiner Ruhe und Überlegenheit verbleiben. Auch weiß er zwar um die Fortsetzungen der Handlungsstränge, daß sie sich sicht einst im Höheren zusammenfinden und das Unversöhnliche gelöst wird, doch soll er zugleich das Moralische entwickeln, das Richtige befördern. Es bedeutete eine Schwächung dieses Prinzipes, etwa dem weniger Guten nachzugeben und so dem Schlechten hiermit den Vortritt zu lassen. Der Mensch soll vielmehr stets im Sinne des Ganzen, des Hohen und Wahren handeln. Somit , um sich “emporzuziehen”, muß er den rajas-Zustand überwindend , mit Scheidung und Ruhe handeln, denn dies ist das Opfer an seine eigene Existenz, um falschen Frieden oder übermäßigem Zorn zu entkommen. Darüber ist im Versöhnlichen womöglich Selbstabgabe zu leisten, nicht aber Selbstaufgabe, denn dies wäre ein Vergehen am wahren Prinzip.
Wird der Mensch geistig, wird er sattva– wird er -nicht notwendig nach Außen – aber von seinem Zustande nach Innen her – entsprechend alleine (besser: mit sich) sein.