Gefäß

Meister Eckhart sagt: “Noch ein Weiteres, dem Ähnliches: Kein Gefäß kann zweierlei Trank in sich fassen. Soll es Wein enthalten, so muß man notgedrungen das Wasser ausgießen; ds Gefäß muß leer und ledig werden. Darum: sollst du göttliche Freude und Gott aufnehmen, so mußt du notwendig die Kreaturen ausgießen. Sankt Augustinus sagt: Gieß aus, auf daß du erfüllt werdest. Lerne nicht lieben, auf daß du lieben lernst. Kehre dich ab, auf daß du zugekehrt werdest. Kurz gesagt: Alles, was aufnehmend und empfänglich sein soll, das soll und muß leer sein. Die Meister sagen: Hätte das Auge irgendwelche Farbe in sich, wenn es wahrnimmt, so würde es weder die Farbe , die es hätte, noch eine solche, die es nicht hätte, wahrnehmen; weil es aber aller Farben bloß ist, deshalb erkennt es alle Farben.”

Für die Kunst:
Es geht um Intentionslosigkeit, um innere Leerheit und um Nicht-Geplantes, um Überraschung und unbewußte, unintendierte Errungenschaft. So läßt sich aus einer unbekannten Tiefe entnehmen und (neu) formen. Der Mensch ist dort in seiner Tiefe angebunden an die ewigen – unbekannten – Ideen (des Ganzen). Daher ist er wissend. Gleichzeitig ist er strebend, er gehorcht einer unabänderbaren Teleologie hierfür. Daher – wenn er in diesem Prozeß zur künstlerischen Darstellung kommt – nähert er sich Wahrem, Zukünftigem, Menschheitszielen, transzendenten Bestimmungen an.

C.G.Jung: “Nur als ein Strukturelement, als ein anordnender Faktor im Unbewußten vererbt sich der Archetypus, während das von ihm ‘angeordnete’ und vom Bewußtsein wahrgenommene Bild als subjektive Variante immer wieder neu entsteht.”

Diese Entstehung aber basiert auf der unvermittelten Hingabe an die ureigene Position im Dasein und ihrer Ausfüllung aus der Eigenheit. Der Mensch wird zum Schöpfer seines eigenen Mythos. Nur so kann Lebenssinn sein, der zum Geist gerichtet ist, da das Eine sich in seiner noussphärischen Ansicht wieder zurechtrücken und sich selbst bekannt werden soll. Und dies geschieht durch die Summierung der Eigenheiten als Unterschiedlichkeit der Schöpfung. Ist man Gefäß und ist man leer, nimmt man erst tiefe Eigenheit und Fülle auf und formt daraus, und dies rückwirkend zum Ursprung und Einen aus der eigenen Anlage, die sich eben dieser Art aber universalisiert.