Meister Eckhart, Positionierung

Während sich über die Vermittlung des späteren (Proklos´schen) Neuplatonismus und über Dionysius Areopag in Analogie zur neuplatonischen Seinsstufung sogar eine hierarchische Ordnung der vermittelnden Instanzen, also der kirchlichen Ämter herleiten ließ (die Wirkung neuplatonischer Elemente in der christlichen Kirche gilt aber primär für Byzanz, nicht für Rom !), ist von einer Stufung des Seins bei Eckhart keine Rede. Eckhart legt ja seinen ganzen Impetus auf die Rückwendung des Seelenanteils zu dessen eigentlicher ursächlichen Qualität (und auf dessen fundamentalen Besitz an dieser), also auf die Beauftragung zur Gewahrwerdung seiner Wesensgleichheit mit Gott. Ihm geht es alleine um das individuelle Seelenvermögen, das in die Lage versetzt werden soll, zu diesem Einen durchzustossen. Zwischenstufen, die mit der neuplatonischen zweiten Hypostase korrelieren könnten, werden sozusagen übersprungen und völlig der unnennbaren, “negativen” Bestimmung zugeführt, wo “Engel und Insekten eins sind”. (Alleine diese Erwähnung muß ja enorm blasphemisch geklungen haben). Hier drängt sich der Vergleich zum Durchstoss zur Grundlichtheit unter Erkennung des illusionären Charakters der Bardo-Zustände im Buddhismus auf:- Beispiel: Der illusionäre Charakter der sieben zornvollen Gottheiten-die übrigens auch in der christl. Gnosis erwähnt werden – und letztlich, wie auch die Götter in den Nag Hammadi -Schriften wie auch bei Plotin als Schaffung der Seele oder des eigenen Geistes bezeichnet werden.
Zu Eckharts Aussage, der Mensch könne diese Gewahrwerdung ohne jedes äußere Zutun quasi auf dem Feld bei der Arbeit, ganz ohne Vermittlung , ohne Kirche, vollziehen: Hierin liegt ja eben auch die ungeheure politische und soziale Sprengraft seiner Lehre, auf die L. Marcuse zurecht hinweist: “Er war in der Tat viel gefährlicher als später Luther.”
Marguerite Porete wurde im Zuge einer”kirchlichen Beginenhatz” (Volker Leppin) öffentlich verbrannt: der Vorwurf lautete, die mystisch Begnadeten unterwürfen sich keiner menschlichen Leitung und keinem kirchlichen Gebot mehr. Nach Volker Leppin ist die Bedeutung der beginischen Frömmigkeit für Eckehart “nicht hoch genug zu veranschlagen”, “die gegenseitige Beeinflussung mache es gar unmöglich, Eckeharts Predigten ohne ihre Ausrichtung an diese Adressatinnen zu verstehen”. Später beruht Thomas Müntzers Denken auf der mittelalterlichen Mystik und steht in enger Beziehung zu Taulers Schriften.
In der Zielsetzung der Ereichung der unio ist Eckehart -entgegen anderer Bekundungen – sehr wohl Mystiker, allerdings im mystologischen, nicht im mystagogischen Sinne.
Daß Eckhart alles Gott Nachgeordnete als durch die Sinne Konstituiertes interpretiert und dabei jenem gleichzeitig das Sein als solches aberkennt und hierin das Platonische in gewisser Weise hinter sich läßt, weil bei Platon wie Plotin ja der Materie als Aspekt des Geistes noch ein gewisses reduziertes Sein zukommt (der Geist wiederum konstituiert sich durch die Selbsbetrachtung des Einen), rückt ihn wie gesagt eher in die engere Geistesverwandschaft spezifischer hinduistischer Schulen, die in aller Schroffheit das Sichtbare (wie auch unsichtbare geistige Bereiche ) als Trug, als Illusion oder maya benennen. (Vergleiche die ablehnende Haltung der Rosenkreuzer zur sogenannten “Spiegelsphäre”. (Daher auch Schopenhauer:” Eckhart und Buddha lehren das Gleiche“, oder C.G. Jung: “Meister Eckhart weiß, ohne Wissen, um die indische Urerfahrung so gut wie um die gnostische…” und der japanische Dichter Basho im 17. Jahrhundert: “Eckhart und der Buddhismus sind in Wirklichkeit nur zwei Dialekte der gleichen Sprache.”