Entbildlichung

Meister Eckhart: ” ‘Wie denn soll ich Gott lieben?’ – Du sollst Gott ungeistig lieben, das heißt so, daß deine Seele ungeistig sei und entblößt aller Geistigkeit; denn, solange deine Seele geistförmig ist, so lange hat sie ‘Bilder’. Solange sie aber ‘Bilder’ hat, so lange hat sie nicht Einheit noch Einfachheit. Solange sie nicht Einfachheit hat, so lange hat sie Gott noch nicht recht geliebt, denn recht zu lieben hängt an der Einhelligkeit. Daher soll deine Seele allen Geistes bar nicht-geistig sein und soll geistlos dastehen; denn, liebst du Gott, wie er ‘Gott’, wie er ‘Geist’, wie er ‘Person’ und wie er ‘Bild’ ist, – alles das muß weg! ‘Wie denn aber soll ich Gott lieben?’ – Du sollst ihn lieben, wie er ein Nicht-Gott, ein Nicht-Geist, eine Nicht-Person, ein Nicht-Bild ist; mehr noch: wie er ein lauteres reines, klares Eines ist, abgesondert von aller Zweiheit. Und in diesem Einen sollen wir ewig versinken von Etwas zum Nichts.”

Hier wird also exemplarisch die Rede von der Entbildlichung durch Eckhart dargelegt. Wie aber kann dieses gänzlich Bildlose in der Welt der Bilder, in einer Welt, die ja im Wesen Bild ist, überhaupt in irgendeiner Art immanent werden?
Zuvorderst durch ein Wissen hierum, durch ein Bewußtsein eben für die Bildhaftigkeit alles Vorfindlichen.
Und nun durch ein Leben, das eben nach Einheit strebt, das das Verbindende sucht, sieht oder erdenkt. Dabei erfordert der Begriff des Liebens nach unserem Verständnis einen Adressat, ein Zielobjekt der Liebe. Ist aber Gott wie schon benannt eine absolut entobjektivierte ‘Entität’, löst sich die Zielrichtung der Liebe zu dieser hin auf in die Weite und verallgemeinert sich in eine Totalität der positiven Bezugnahme und der ‘Entflammung’ – denn dies ist die Liebe ja ihrem Wesen nach – zum Gesamten – etwa als amor dei intellectualis im Sinne eines Triebes des Endlichen zum Ewigen und Einen. Im Bewußtsein für das Gesamte aber entsteht auch das Bewußtsein über ein Trennendes, denn was nicht einheitsdienlich ist, soll abgestoßen werden oder erstirbt schon daher, daß es dieser Zweckrichtung zuwider läuft. Das Telos zum Einen aber ist der fruchtbare Strang, an dem alles gedeihen soll. Und so soll in der Welt -im Bild – alles Ansehen symbolisch erachtet werden, eben nur als eine Manifestation einer Bewußtseins-Disposition zur höheren Emanation und deren Wesen und Sinn. Dies führt das Mannigfache gedanklich bereits auf seine Ursächlichkeit, auf eine energetische/geistige Apriorie zurück – das Erdenkende ist in sich selber verdichtetes Entität-Sein als das daraus Erdachte. Und nun sollen darüber hinaus auch die Ursächlichkeiten gedanklich aneinandergebunden und zurückgeführt werden, denn diese Dispositionen sind Nous-hafte Verortungen, die ebenso über sich selbst hinaus streben zum Ganzen, das es nicht nötig hat, das Mannigfaltige zu bewirken oder gar zu durchleben als eine Konkretion aus der Reduktion, die etwa Vereinzelung im Menschen oder allgemeiner in jeder Kreatur bedeutet.