“Sein Wissen darf ihm (dem Geist) nicht durch Vermuten zukommen, es darf nicht zweifelhaft sein, und er darf es nicht von einem anderen haben, von dem er es quasi nur gehört hätte. Also darf er es auch nicht durch einen Beweisgang erworben haben. Selbst dann nämlich, wenn man sich dafür ausspräche, daß er einiges durch Beweis erwirbt, müßte es immer noch einiges geben, was ihm von sich aus evident wäre. (Unsere rationale Überlegung sagt freilich: alles; denn was für eine Möglichkeit gibt es, abzugrenzen, was selbstevident ist – woher stammt ihrer Meinung nach die Evidenz des Betreffenden für den Geist, wieso hat er sie bei sich? Und wodurch vermittelt es ihm die Überzeugung, daß es sich genauso verhält? )
Sogar bei dem, was auf der sinnlichen Wahrnehmung fußt, von dem man ja allgemein annimmt, daß es Überzeugungskraft von höchster Evidenz hat, besteht schließlich der Zweifel, ob nicht vielleicht die Existenz, die es zu haben scheint, nicht in den zugrunde liegenden Gegenständen, sondern nur in den Zuständen liegt, in die sie uns versetzen, und man ist auf den Geist bzw. das Denkvermögen angewiesen, um darüber zu urteilen. Denn auch wenn man einräumt, daß sie in den zugrundeliegenden sinnlich wahrnehmbaren Gegenständen liegt, deren Erfassung das sinnliche Wahrnehmungsvermögen leisten soll, ist das, was mit Hilfe des sinnlichen Wahrnehmungsvermögens erkannt wird, trotzdem nur ein Abbild der Sache, das sinnliche Wahrnehmungsvermögen nimmt nicht die Sache selbst auf, die ja immer außerhalb von ihm bleibt.
Somit ergibt sich: Man darf die geistig erkennbaren Gegenstände nicht außerhalb suchen, man darf nicht die Behauptung aufstellen, daß im Geist nur Abdrücke sind von dem, was ist, und man darf ihm nicht die Wahrheit wegnehmen, weil man dadurch seine Unkenntnis der geistg erkennbaren Gegenstände, ja sogar deren Nichtexistenz bewirken und letztlich den Geist selber aufheben würde.
In diesem Sinne würde es zutreffen, daß der Geist Wissen, d.h. wahres Wissen, besitzt, daß er nie vergißt und daß er nicht suchend umherläuft: dann wäre die Wahrheit in ihm und er wäre der feste Standort für alles, was ist, und dieses würde lebendig und geistig erkennend sein. Und natürlich muß bei einer absolut glückseligen Natur alles das gegeben sein: Wo wäre sonst das Wertvolle, das Erhabene an ihr? Und es trifft auf diese Weise ja auch zu, daß kein Beweis oder plausibles Argument dafür nötig ist daß es sich so verhält -es is ja der Geist selber, der sich so verhält und er ist sich sebst evident.”
(Plotin, “Die geistig erkennbaren Gegenstände”)
Aus diesem Geiste heraus übrigens kann J.G. Fichte einst folgendes äußern: “Ich werde mich auf Disputieren nicht einlassen, indem ich vorraussehe, daß damit nichts gewonnen werden kann. Ich werde mich durch dasselbe nicht irre machen lassen, weil die Quelle meiner Überzeugung höher liegt als aller Disput.”