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Scheinbar

Und dem
Verlust der Sinne oder
Welten gleich ein Mangel
war an nassen
Tagen bange Art dann nicht
Vergang allein
und naht der warme Ton
der vollen Stunde ist
ein Grund zum Sein erwogen
Abend spricht von
Stein und reicht uns
seine Hände
dunkel weht ein Flügelschlag

Maß der Weite

Undenkbar war die Form
der Götter
als zur Sammlung aller
Rede reich
das Maß der Weite
bald in Kreisen jener
Stille sich am Horizont ergoss
und klar der Sicht und
weise geht ein Wesen um
und leise zeigt zur
nächsten Zahl sein
Schatten zur Erinnerung
der Zeit zur Qual
ein Lob dem Äther und dem
armen Leib

Am All entlang

Da geht der hohe Mensch
zum Schein
am All entlang und
Mond und Äther
wesen in dem Urstoff allen Tuns
das Sein der Luft ein
sorgenvolles Meer
mit Flut und Fluch
neun Freuden waren
uns gewesen weiß um
ein Lied das nimmer geht
und uns gebricht
war ungelesen das Gericht
und warten auf
ihr Werk am Licht
die besten aller Seelen




Transhistorischer Zustand

Yirmiyahu Yovel: “…daß Geschichte kein Ende haben kann, daß es keinen transhistorischen Zustand gibt, der die vollendete Befreiung des Menschen verspricht. Weltlicher Messianismus ist ein Widerspruch in sich. Wenn er die religiöse Idee der Erlösung in ihrer absoluten Kraft und Fülle überträgt, dann ist er weder weltlich noch wirklich immanent, sondern bleibt einem transzendenten religiösen Ideal verhaftet. Vom kritischen Standpunkt der Endlichkeit aus ist das messianische Reich Gottes auf Erden bestenfalls ein regulativer transzendenter Traum. Betrachtet man die Geschichte der Menschheit als Weg dorthin, sei es, daß dieser Zustand notwendigerweise eintreten soll, sei es auch bloß als ein plausibles Resultat, dann heißt das, daß ein solches Denken, welches vorgibt, eine Philosophie der Immanenz zu sein, den dogmatischen Einfluß transzendenter Religion nicht überwunden hat.”

Was aber heißt zuletzt eigentlich ‘weltlich’? Wir handeln doch von einer Immanenz der Transzendenz zur wirklichen Welt. (Und es gibt hiervon nur eine!) Hier ist also gar kein Widerspruch zwischen zwei Bereichen! Das Irdische hebt sich und löst sich im Geist (bzw. Feinstofflichen), kommt also seiner eigentlichen Bestimmung, seinem wahren Sein zu. Das Weltliche, das Weltsein in unserem Sinne soll ja eben entwickelt werden von der Schwäche seines Seinsstatus (und seiner Abbildhaftigkeit) hinweg zum Hohen, zum ontologisch Höherrangigen. Dies zuletzt eine naturwissenschaftliche Kategorie, keine Ausflucht in diffuse Glaubensgebilde, kein Sich-Verlaufen ins (so benannte) Religiöse: Wir sind nach wie vor ‘welt-existent’, aber nun innerhalb der Eigentlichkeit und vollen Entfaltung, die Welt an Sich ausmacht.
Daher auch ist es in diesem Zusammenhang nicht hilfreich, dem Theismus verbundene Attributierungen wie etwa ‘messianisch’ zu bemühen. Diese Zuschreibungen verweisen lediglich auf ein Verständnis von zwei wie gegeneinander abgeriegelten Bereichen – nämlich einem Profanen und einem Numinosen – und so wird hier der Gedanke an die Möglichkeit eines Einen gar nicht gefaßt, der einen Existenz, die in allem als Eines drängt, zu sich zurückzukommen und außer dem bereits jetzt in Wahrheit nichts bestandhafte Existenz aufweist. Freilich folgen die üblichen Religionen diesem Verständnis des Einen nicht!
Volkmann-Schluck hingegen über den Neuplatonismus: “Das Sein des Nous ist das denkende ‘Gegenwärtigen’ seines Denkens. Die Wesensbestimmung eines Seienden, das sich selbst in der Vollendung seiner Möglichkeit denkt, erlaubt nun auch eine genauere ontologische Charakteristik der Seele: Sie ist eine defiziente Form der vollen ‘Gegenwärtigung’ seiner selbst.”
So heißt denn auch die Überwindung ihrer Defizienz den Rückgang in die Eigentlichkeit, Beisammenheit eines Numinosen. Die Welt als perzeptiver Modus desintegrierter Geistigkeit – wie wir sie kennen- wird schwinden. Yovels ‘kritischer Standpunkt der Endlichkeit’ muß sich selber aufheben. Der so genannte ‘transzendente Traum’ ist indes nicht weniger als Ausdruck oder Ziel der einzigen wahrhaften Möglichkeit des wirklichen oder verwirklichten Daseins. Sowohl Kant als auch Spinoza wollen dorthin. Dort ist Welt an sich, höhere Welt in höherer Verwirklichung – einzige Welt.

Wahrhafte Gegenwart

Yirmiyahu Yovel: “Spinoza setzt voraus, daß Kultur, Sprache, Sitten und Mentalitäten sich wandeln und entwickeln und dabei ihre entzifferbaren Spuren hinterlassen; und sie münden in der Gegenwart, wo sie uns eine Tradition vermitteln, innerhalb derer eine neue Revolution stattfinden kann. Darüber hinaus versucht Spinoza aus der Bibel den Kern einer quasi rationalen Moral zu entnehmen als Grundlage jener allgemeinen Religion, die er für die Massen bestimmt hat. Das impliziert, daß er Tradition zum Mittel für historischen Fortschritt uminterpretiert. Vergangenheit und Gegenwart sind durch eine Revolution voneinander getrennt, aber auch durch ein hermeneutisches Unternehmen miteinander verbunden.”

Ich assoziiere hier die Intentionen, das Verbindende einer Philosophia Perennis über Kulturen und Zeiten:

“Der US-amerikanische Autor Ken Wilber hat ‘die sieben wichtigsten Übereinstimmungen der immerwährenden Philosophie aller Zeiten, der allermeisten Kulturen, spirituellen Lehren, Philosophen und Länder’, folgendermaßen zusammengefasst:

  1. Der spirituelle GEIST (Gott, die höchste Wirklichkeit, die absolute Seinsheit, die Quelle, das Eine, Brahman, Dharmakaya, Kether, Dao, […]” (usw.)
  2. GEIST muss innen gesucht werden.
  3. Die meisten von uns erkennen diesen GEIST nicht, weil sie in einer Welt der Sünde, Trennung und Dualität leben, in einem Zustand der Gefallenheit und Illusion.
  4. Es gibt einen Ausweg aus Sünde und Illusion, einen Pfad zur Befreiung.
  5. Wenn wir diesem Pfad bis ans Ende folgen, finden wir Wiedergeburt oder Erleuchtung, eine direkte Erfahrung des inneren GEISTES, eine letzte Befreiung.
  6. Diese letzte Befreiung bedeutet das Ende von Sünde und Leiden.
  7. Sie mündet in mitfühlendes und erbarmendes Handeln für alle Lebewesen.” (Wikipedia)

Insofern nun Religion auf dies verweist, bildet sie zeitlose Wahrheit ab. Es ist hier hinzuzufügen, daß eine transzendente Empirie zur Aufnahme dieser Grundlegungen von Beginn existierte und die Religionen kultur-und zeitbedingte Übersetzungen meinen, die aber zum Hinderungsgrund des Transzendenten werden, so sie – wie die meisten theistischen Systeme – den Mensch zu einem personalen Gott in eine Subjekt-Objekt-Relation rücken und damit der spirituellen Teilhabe am einen Prinzip entheben. Wilber subsumiert auch jene unter einer Philosophia Perennis. Dies ist zu kritisieren, denn reduziere diese auf einen etwaigen verborgenen mystischen Unterstrom, bleibt von ihnen zuletzt nichts außer einer Grundintention, für die es keinerlei Überbau (mehr) bedarf, der sie jedoch in ihrer Hauptsache ausmacht und rechtfertigt. Sind aber Tradition, Ritus und Symbol bezuglos geworden, stehen sie nicht mehr im Geist, sie sind wie Netze, die man einst ins Wasser warf, das aber längst abgeflossen ist, so daß sie im Trockenen liegen und nichts einzufangen vermögen.
Die Institution, da sie sich nicht sucht und entwickelt, sondern an ein entrücktes Ens delegiert und sich in entstellender Kolportage ergeht, ist ganz unproduktiv und somit ungeistig. Sie steht außerhalb des Telos zur Aufwärtsentwicklung. Die Zeitlosigkeit, auf die sie rekurrieren will, kann sie in ihrer Verhaftung nicht abbilden. Das hermeneutische Unternehmen braucht die Theismen nicht mehr, so es erkennt, daß Auslegung an verlorene Intentionen ganz hintansteht hinter zukunftsweisender spiritueller Gegenwart und Teilhabe.

Geschichtliche Religion

Yirmiyahu Yovel: “Für Kant ist Geschichte der Prozeß, durch den die Vernunft ihre latenten Kräfte ans Licht bringt und sich allmählich aus der Umhüllung der Sinnlichkeit befreit und die objektive Welt nach ihrem Bilde formt. Eine solche Auffassung von Geschichte ist nicht bloß evolutionär, sondern teleologisch. Geschichte ist nicht einfach ein Übergang von einem Zustand in den anderen; sie verwirklicht ein zugrundeliegendes menschliches Potential oder das Wesen des Menschen: Vernunft und Autonomie. Vernunft hat sich von alters her unter dem Deckmantel von Mythos und Ritual der verschiedensten geschichtlichen Religionen manifestiert. Sie alle sind Stadien in einem alles umfassenden Prozeß und sollten benutzt werden, ihn voranzutreiben. Daher muß man von der Bibel und von den geschichtlichen Religionen ausgehen, sie jedoch aus ihrer Sinnlichkeit, das heißt aus ihrer wörtlichen Form, herausführen.”

Man kann in diesem Zusammenhang also auch bei Kant (oder generell für den deutschen Idealismus) von der Annahme einer Teleologie des Seins und Bewußtseins und so einer globalen oder universalen spirituellen Entwicklung (im Sinne einer Rück-Emanation zum Ursprung) sprechen.
Wörtliche Form und Ritual als vermittelnde Funktion der Religion ist aber bald schon nur schwacher Ersatz für eine Ursächlichkeit als einer Erfahrung des Transzendenten, also eines lebensreellen spirituellen oder geistigen Seins geworden. Dies Transzendente aber wurde ursächlich in schamanischen Gesellschaften noch lange vor den Hochreligionen zum Konkretum; das Sakrament war dort noch kein Platzhalter oder Symbol oder noch schlechterdings – andauerndes theologischen Streitobjekt. Die praktische Entfernung institutionalisierter Religion von einer Gabe des Entheogens zur spirituellen Teilhabe für die Vielen kann gar nicht größer sein, die transzendente Empirie der Gemeinschaft nicht ferner gedacht werden.
Dabei steht die ursächliche religiöse Erfahrung zugleich in der Problematik der zeitenabhängigen Integration. Vernunft soll sie zuletzt durchwirken und in den Kontext der zukünftigen Bestimmung und des Fortschritts stellen. Dies meint nicht weniger als das Menschheitstelos überhaupt! An dieser Stelle: Was Kant geistig deduziert, ist in der Unmittelbarkeit spiritueller Erhebung andererseits schon immer lebenspraktisch vorhanden. Der Mythos aber, als Symbol oder Chiffre eines nun bis zur Unkenntlichkeit Entwundenen, er darf den Blick nicht zu weit nach hinten fesseln um nicht zum Selbstzweck zu werden, denn dann ist er lediglich Hinderung zum Vollzug. Die Aussagen der Theismen sind eben meist nicht brauchbar überzeitlich, sondern sie treffen und vermischen Aussagen über das Überzeitliche aus ihrer zeitlichen Verhaftung heraus und schauen so in die falsche Richtung. Und je mehr Zeit, Sinn und Ursächlichkeit also vergeht, desto größer die Entstellung und die Entfernung von aller geistigen (Spirit) Intention.

Überzeitlicher Dualismus?

Yirmiyahu Yovel: “Kants Überzeugung, er könne der Moral eine absolute Begründung geben, führte ihn über Immanenz und den von der Kritik eingegrenzten Raum hinaus, denn er setzte (wie bei der Erkenntnis) ein einziges, zeitloses Paradigma menschlicher Vernunft als gegeben voraus, das Geschichte nur zu erklären hilft; aber nicht beeinflussen kann; und er gründete die Moral (anders als die Erkenntnis) direkt im ‘Noumenalen’. Dadurch verwandelte Kant die Transzendenz aus einem leeren Horizont in den konstitutiven Grund moralischer Imperative und ihrer angeblich überzeitlichen Universalität.
In der Frage der Normativität vertritt Kant also eine dogmatische Auffassung der Immanenz, Spinoza dagegen eine kritische. Bei Kant kann Vernunft nicht wie bei Spinoza als Teil der aktualen Welt verstanden werden, sondern sie bildet darüber und außerhalb eine zweite, selbständige Welt, wobei der Mensch als ‘Bürger’ an beiden Welten teilhat. Es handelt sich hier um einen säkularen Überrest des christlichen Dualismus, wonach der Mensch mit einer vom Himmel stammenden göttlichen Fähigkeit ausgestattet ist.”

Was hier als säkularer Überrest eines überzeitlichen Dualismus benannt wird, ist aber zuletzt als starker Hinweis auf die einzige Bestimmung, ein einziges Sein zu nennen – denn ‘beide’ Welten kommen ja in eine! Dies impliziert selbstredend auch eine Zurückweisung derjenigen religiösen Systeme, die Transzendenz in Subjekt-Objekt-Relationen setzen.
Denn Volkmann-Schluck über die Seele im Neuplatonismus, über uns als Menschen: “Denn nichts anderes als eine Abspiegelung des Nous kann das Seelesein sein, weil der Nous keine Einbuße an Sein erleidet, wenn die Seele sein Innesein der Eide in der dianoetischen Vollzugsform des Übergehens vom einen zum anderen vollzieht.”
Nun meint eine Abspiegelung eben auch, daß diese gar kein eigenes Sein hat, und dies heißt so im Umkehrschluß, die Seele ist in Wahrheit Geist.
Nochmals Volkmann-Schluck: “Das Verweilen im denkenden Innesein der Ideen steht der sich in sich selbst hineinwendenden Seele bei Plotin offen, durch den Aufstieg zum Nous gewinnt sie ein neues, übermenschliches Seinsbewußtsein.”

Dieses Seinsbewußtsein konstituiert sich über unserer Welt – zur eigentlichen Welt. Kants zweite Welt ist unser eigentliches Sein. Daher ja auch verblasst die erste.
“Für Kant ist Geschichte der Prozeß, durch den die Vernunft ihre latenten Kräfte ans Licht bringt und sich allmählich aus der Umhüllung der Sinnlichkeit befreit und die objektive Welt nach ihrem Bilde formt.”
Ein Dualismus ist ja demnach nur sinnlich evoziert und hebt sich auf in der einen Welt, so die perzeptive Desintegration überwunden wird.

Utopia, Dystopia

Heinrich Heine:
Ein neues Lied, ein besseres Lied,
O Freunde, will ich euch dichten!
Wir wollen hier auf Erden schon
Das Himmelreich errichten,
(…)
Es wächst hieniden Brot genug
Für alle Menschenkinder,
Auch Rosen und Myrten, Schönheit und Lust,
Und Zuckererbsen nichtminder.

Da ist wieder Heines ‘Spinozismus’: Die imaginäre Welt eines Jenseits soll abgeschafft und das irdische, materielle Leben in einen spirituellen Zustand erhoben werden,” (Yirmiyahu Yovel)

Die Zeilen implizieren, daß ein ‘Elysium’ auf dem Gleichheitsgedanken der Menschen zu gründen hat.
Hierzu C.G. Jung:
“Der Gedanke einer Gleichartigkeit der bewußten Psychen ist eine akademische Chimäre, welche die Aufgabe eines Dozenten vor seinen Schülern vereinfacht, die aber vor der Wirklichkeit in nichts zusammenfällt. Ganz abgesehen von de Verschiedenheit der Individuen, deren innerstes Wesen durch Gestirnsweite geschieden ist vom Nachbarn, sind schon die Typen als Klassen von Individuen in sehr hohem Maße voneinander verschieden, und ihrer Existenz sind die Verschiedenheiten allgemeiner Auffassungen zuzuschreiben.
Um die Gleichartigkeit der menschlichen Psychen aufzufinden, muß ich schon in die Fundamente des Bewußtseins hinuntersteigen. Dort finde ich das, worin alle einander gleichen. Gründe ich eine Theorie auf das, was alle verbindet, so erkläre ich die Psyche aus dem, was an ihr Fundament und Ursprung ist. Damit aber erkläre ich nichts von dem, was an ihr historische oder individuelle Differenzierung ist. Mit einer solchen Theorie übergehe ich die Psychologie der bewußten Psyche. Ich leugne damit eigentlich die ganze andere Seite der Psyche, nämlich ihre Differenzierung von der ursprünglichen Keimanlage. Ich reduziere gewissermaßen den Menschen auf seine phylogenetische Vorlage, oder ich zerlege ihn in seine Elementarvorgänge, und wenn ich ihn aus dieser Reduktion rekonstruieren wollte, so käme im ersteren Fall ein Affe heraus und im letzeren eine Anhäufung von Elementarvorgängen, deren Zusammenspiel eine sinn-und zwecklose Wechselwirkung ergäbe.”

Der Anspruch für eine Gleichheit ist so eine Reminiszenz an die tiefste Vergangenheit und zugleich Impetus zur Progression zur Erfüllung einer ‘Utopia’ des Numinosen. Utopia, weil dieser Urzustand in fernster Zukunft liegt (Platon: Lernen ist Erinnern) – hinter diesen zeitlichen Setzungen aber steht ewige Gegenwart, totale Vergegenwärtigung. Die Instanzen der Religion lassen diesen Zugang nicht zu und fungieren hier wie ‘dunkle Hüter der Schwelle’. Die säkularen Ersatzsysteme indes produzieren Immanenzüberschüsse, die zwangsweise ein Dystopia hinaufbeschwören.

Fluktuierende Substanz

Yirmiyahu Yovel: “Hegels Kritik stützt sich auf systematische Implikationen der Lehre Spinozas, nicht auf seine explizite Position. Da Spinoza von absoluter Einheit und Identität ausgeht und ihm eine dialektische Logik fehlt, ist er, so behauptet Hegel, nicht imstande, an der Wirklichkeit besonderer, endlicher Dinge festzuhalten. Seine Totalität wird zu einem übermächtigen Prinzip, in dem alle Unterschiede verwischt sind. Diese unbegrenzte Totalität läßt keine wirklichen Unterscheidungen im Universum zu, nur modale Variationen desselben. Was immer uns unterschieden und spezifisch erscheint, ist so nur aufgrund ‘äußerer Reflexion’ – und nicht kraft seines objektiven ontologischen Status. Nur die an sich (in se) existierende und durch sich (per se) erkennnbare Substanz ist ein wirkliches Individuum, wobei die endlichen Modi nur vorübergehende und fluktuierende ‘Affektionen’ oder ‘Zustände’ dieser einzigen Substanz sind. Hegel meint Spinozas Unfähigkeit, dem Reich des Endlichen gerecht zu werden, wenn er sagt, bei Spinoza gebe es ‘zu viel Gott.’ “

“Unbegrenzte Totalität und ihre modalen Variationen”: Das mutet geradezu buddhistisch an. Die “äußere Reflexion” übersetze ich indes mit Perzeption, was heißt, Welt wird kreiert aus der Ganzheit eines Bewußtseinsstroms (der Emanation). Letztlich wird man ‘dem Reich des Endlichen’ dann gerecht, wenn man beides in den Blick nimmt: Das offensichtliche (sic) Dasein der Weltlichkeit und ihrer Dinge, zum anderen aber ihre tatsächliche und totale Nicht-Festigkeit und Variabilität. Die Modalität der Welt wird insofern ontologisch aufs Äußerste reduziert, aufgrund ihrer Bestimmungs-Ferne auch negativ konnotiert: Das Hiesige als ein kläglicher Restbestand des Daseins, das sich hier zur (vermeintlichen) Lebenswelt dargeben mag. Signum dieser Kläglichkeit ist gerade der Sachverhalt, daß wir die Möglichkeit und Anlage zum Ausgang nicht mehr kennen (wollen) und Wissen wie Vertrauen um die Beständigkeit und höhere Art unseres Seins ganz verloren zu haben scheinen. Wie mag man nun einen Unterschied der fluktuierenden Affekte Spinozas und Hegels dialektischer Substanzialität konsequent als verschieden klassifizieren? Beide treffen sich schließlich an einem gewissen Punkt, wo auch Substanzielles, Dialektisches eine quasi-nichtexistente Natur offenbart bzw. ihre rein geistige Modalität und Relativität verrät. Wir sprechen dort von einer Dialektik des Nicht-Vorhandenen.

Zum Juli

Dort vorne ist ein alter Garten und sein Besitzer schon mehr als ein Jahr tot seine Pflanzen wuchsen dies Jahr noch einmal wie für ihn fast so als wäre er noch dort und würde sie umsorgen man kommt da direkt aus dem Ort und schaut gewohnt nach dem Himmel zurück der uns sagt wie nah und groß er hier sei und daß bald Gefahr wäre vielleicht haben die Menschen hier nicht einmal die Ahnung der Möglichkeit eines Sturms der einst ein Dach mit sich zog in die Luft und zum Symbol in einem anderen Haus mit der Weite der Wände sang man ein immerwährendes Lied vom Vergang und rief fast jeden Tag laut nun einen Namen denn hier ganz nah auf einem Feld das wie endlos weit erscheint lebt wohl jemand in einem Unterholz oder lauert im Staub der Wege alle Vergangenheit auszukurieren immerhin zum nächsten Verlust der Sonne zum späten Jahr dann das bald schon hereineilen wird