Richard Schaeffler über Gerhard Krüger: “Für jede einzelne der welt-geschichtlichen Umwälzungen und damit für die gesamte Reihe der historischen Veränderungen läßt sich deshalb sagen: ‘Der entscheidende, letzte Grund’ dafür, daß überhaupt Geschichte geschieht, ‘liegt offenbar darin, daß die faktische Welt nicht mit der wirklichen übereinstimmt’.
Nun ist aber auch diese jeweils bloß faktische Welt einem menschlichen Versuch entsprungen, durch freies Handeln die Divergenz von Faktizität und Wirklichkeit zu überwinden. Wenn trotzdem das dabei erzielte Ergebnis einer erneuten Revision bedarf, so schließt die Kritik an der ‘Welt von heute’ eine Kritik an der ‘Freiheit von gestern’ ein. Krüger kann deshalb noch schroffer sagen: ‘Geschichte geschieht wesentlich deshalb, weil bei der menschlichen Weltverwaltung Mißbräuche der Freiheit stattfinden’. Diese Mißbräuche nämlich sind es, die den Widerspruch von faktischer und wirklicher Welt gerade bei dem Versuch seiner Überwindung immer neu erzeugen.”
“Die Selbstentfaltung der Idee ist der Grund der Einheit von Erkennen, Wissen und Wirklichkeit. Menschliches Erkennen ist als Leistung des Selbstbewußtseins ein Implikat des substantiellen Geistes, der zum Sichwissen gelangt.” (H.J. Sandkühler über Hegel)
Oder in kürzester Form ließe sich auch sagen: Geschichte ist Rückkehr zum Geist. Freiheit ist dabei Signum der geistigen Wesensart. Der Mißbrauch der Freiheit ist folgerichtig in der freiheitsbedingten Möglichkeit im dialektischen Prozeß angelegt, man kann fast sagen: er ist so vorgegeben. Bis die Freiheit sich ihrer Herkunft nach findet, versucht oder findet sie sich in mannigfachem Irrtum. Freiheit als Möglichkeit der Lebensgestaltung ist Merkmal unserer Gegenwart, ihr Mißbrauch mangels (geschichtlicher) Erkenntnis und Integration somit gerade auch. Aus dem vorher Gesagten aber erschließt sich, daß sie nicht verwehrt werden kann – weil ohne sie eben gar kein Prozeß zur Entwicklung – somit kein Aufstieg und keinerlei Vergeistigung ermöglicht ist.